Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Rückforderung von als Vorschuss erbrachten Grundsicherungsleistungen. Erstattungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen der Rückzahlung einer Vorschussleistung
Orientierungssatz
1. Wurden an einen Betroffenen Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende als Vorschuss gewährt, so hat der Betroffene die Leistungen zurück zu gewähren, wenn sich im Rahmen der Antragsbearbeitung herausstellt, dass es an den Voraussetzungen für die Leistungsgewährung fehlt (hier: wegen Antritt einer Strafhaft). Die Rückzahlungspflicht ergibt sich dabei nicht aus einer Aufhebung der Bewilligung sondern unmittelbar aus § 42 Abs. 2 SGB 1.
2. Wurden im Rahmen einer als Vorschuss erbrachten Grundsicherungsleistung auch Beiträge an die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung abgeführt, so scheidet auch dann, wenn sich nachträglich erweist, dass ein Anspruch auf Leistungen nicht besteht, eine Rückforderung der Beitragszahlungen aus, da die Rückerstattung des Vorschusses nicht der Rückforderung einer Leistungen nach §§ 44 ff. SGB 10 gleich steht.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 24. November 2011 wird aufgehoben und dem Kläger für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sch. bewilligt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein bei dem Sozialgericht Halle unter dem Aktenzeichen S 21 AS 5845/10 anhängiges Klageverfahren. In der Sache wendet sich der Kläger gegen eine Aufhebungs- und Erstattungsforderung des Beklagten.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2010 bewilligte die Arbeitsgemeinschaft SGB II Sangerhausen (Arge), die Rechtsvorgängerin des Beklagten ist, dem Kläger Grundsicherungsleistungen als Vorschuss für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Januar 2010 in Höhe von 289,00 EUR und für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 in Höhe von monatlich 359,00 EUR. Unter dem 3. Februar 2010 erließ die Arge einen Änderungsbescheid, mit welchem sie für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Januar 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 359,00 EUR im Rahmen einer endgültigen Festsetzung für diesen Zeitraum bewilligte und den vorangegangenen Bewilligungsbescheid teilweise aufhob. Seit dem 9. Februar 2010 sitzt der Kläger in der Justizvollzugsanstalt Halle, voraussichtlich noch bis zum 15. Mai 2012, in Haft. Mit Bescheid vom 2. Juli 2010 hob die Arge die Entscheidung vom 5. Januar 2010 für die Zeit vom 9. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 auf und forderte von dem Kläger die Erstattung der im Zeitraum vom 9. Februar 2010 bis 31. März 2010 gezahlten Grundsicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 622,27 EUR sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 249,76 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, der seit dem 9. Februar 2010 inhaftierte Kläger habe gewusst oder hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Die seit der Inhaftierung erbrachten Grundsicherungsleistungen und Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung seien daher von ihm zu erstatten. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Arge mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2010 mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Aufhebung und Erstattung der Grundsicherungsleistungen seien gegeben. Dem Kläger sei bewusst gewesen oder es habe ihm zumindest bewusst sein müssen, dass er wegen der über sechs Monate andauernden Haft keinen Anspruch auf die Leistungen der Grundsicherung mehr habe. Hierfür spreche auch, dass er ihr den Haftantritt gemeldet habe.
Daraufhin erhob der Kläger am 4. Oktober 2010 über seinen Bevollmächtigten bei dem Sozialgericht Halle Klage und ließ zur Begründung vortragen, er habe seinen Haftantritt bei der Beklagten gemeldet und auch die Haftbescheinigung nachgereicht, so dass er die Überzahlung nicht verschuldet habe. Er sei seiner Mitteilungspflicht hinreichend nachgekommen. Als juristischer Laie habe er aber nicht wissen können, dass die Haftdauer für den Leistungsbezug ausschlaggebend sei.
Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2011 hat der Kläger den Antrag gestellt, ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten zu bewilligen. Diesen Antrag hat das Sozialgericht Halle am 24. November 2011 durch Beschluss mit der Begründung abgelehnt, die von dem Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Das Sozialgericht hat hierzu ausgeführt: Nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 5. Januar 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Februar 2010 sei aufgrund des Beginns der über sechs Monate andauernden Haft des Klägers eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetre...