Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Honorardozent an einer anerkannten Ersatzschule. Honorarvertrag. Geltung eines Rahmenlehrplanes. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Honorardozent an einer anerkannten Ersatzschule ist selbständig und damit sozialversicherungsfrei tätig, wenn er hinsichtlich der Unterrichtsinhalte und der Unterrichtsgestaltung keinen Weisungen der Schule unterliegt, nicht zur Erfüllung von Nebenarbeiten verpflichtet ist und über die Pflicht zum Unterrichten hinaus nicht in den Schulbetrieb eingegliedert ist.
2. Allein die Geltung eines Rahmenlehrplanes führt nicht zur Annahme von Weisungsunterworfenheit (vgl BSG vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R = BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36).
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Juni 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 20. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2013 werden aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) die vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2012 bei der Klägerin ausgeübte Dozententätigkeit nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und in dieser nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen hat.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie die Gerichtskosten für das Klage- und Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Dozent bei der Klägerin in der Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Dezember 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und in dieser der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.
Die Klägerin ist u.a. Trägerin einer anerkannten Ersatzschule Fachschule mit dem Fachbereichen Sozialwesen Sozialpädagogik in H. und M.
Am 19. Januar 2012 beantragten die Klägerin und der am ... 1954 geborene Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Dozent bei der Klägerin und gaben an, dass dieser in der Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2012 bei der Klägerin eine Tätigkeit als Honorardozent im Ausbildungsbereich (theoretischer Unterricht) ausübe. Sie beantragten die Feststellung, dass eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege.
Die Klägerin als Auftraggeberin und der Beigeladene zu 1) als Dozent schlossen am
1. November 2011 einen für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. Dezember 2011 befristeten Honorarvertrag über die Erbringung von Lehr- und Ausbildungsleistungen, in dem sie als Leistung die Vermittlung von Ausbildungsinhalten laut Konzeption im Fachgebiet „praktische Instrumentalausbildung, Musik“ am Arbeitsort H. vereinbarten. Die Anzahl der Unterrichtsstunden richte sich nach der Stoffverteilung entsprechend des jeweiligen Kurses. Es bestehe kein Anspruch auf eine Mindeststundenzahl, jedoch auch keine Pflicht zur Übernahme von Vertretungsstunden. Bei Ausfall der Maßnahme sowie deren zeitlicher Verschiebung behalte sich die Klägerin das Recht der kurzfristigen Annullierung des Vertrages vor. Ferner könne das Vertragsverhältnis von beiden Parteien aus wichtigem Grund zum 15. eines Monats zum Monatsende im Vertragszeitraum gekündigt werden. Zur Abgeltung aller erbrachten Leistungen, Aufwendungen und Kosten werde ein Honorar von 30,00 €/ brutto inklusive aller Steuer- und Sozialabgaben pro tatsächlich erteilte Unterrichtsstunde gezahlt. Die Rechnungslegung habe entsprechend den umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen spätestens am 5. des Folgemonats zu erfolgen. Die Versteuerung und die Leistung von Sozialabgaben oblägen dem Beigeladenen zu 1) eigenständig und eigenverantwortlich. Er verpflichte sich ferner im Rahmen der übergebenen Lehr- und Maßnahmeziele bzw. -inhalte seine Fachkompetenz und Kenntnisse zu vermitteln, zu der üblichen Vor- und Nachbereitung (u.a. Korrektur von Arbeiten, Nachweisführung in Klassenbüchern, Erfassung der Anwesenheit der Teilnehmer in jeder Stunde) sowie zur Teilnahme an Schulkonferenzen und Maßnahmeberatungen ohne Honorar. Er informiere die Klägerin zudem in Vorbereitung der Schulungsveranstaltungen über seine inhaltliche Konzeption zur Wissens- und Fertigkeitsvermittlung, über den Bedarf und die Bereitstellung von Lehr- und Lernmitteln sowie über erforderliche Vervielfältigungen von für den Lehrgangserfolg notwendige Druckerzeugnisse. Alle zur Verfügung gestellten Unterlagen und Materialien seien ausschließlich intern zu verwenden und absprachegemäß unverzüglich nach Gebrauch an die Klägerin zurückzugeben. Unterrichtsbegleitende bzw. -unterstützende Materialien stelle der Beigeladene zu 1) bereit. Es bestehe eine gegenseitige Verpflichtung, die abgestimmten Termine und Leistungen einzuhalten. Bei wesentlichen Abweichungen aus objektiven Gründen habe eine...