Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Bewegungseinschränkung des Sprunggelenks. Wechselwirkung mit psychischer Erkrankung. Gesamt-GdB
Leitsatz (amtlich)
Sofern nur geringe objektive Funktionseinschränkungen im Bereich der Sprunggelenke bestehen, kann unter Berücksichtigung einer somatoformen Schmerzstörung insgesamt maximal ein GdB von 40 festgestellt werden, sofern die Gesamtauswirkung nicht denen eines Verlustes des Beins im Unterschenkel vergleichbar ist und sich der Leidensdruck aufgrund der psychischen Erkrankung nicht in einer adäquaten Behandlung widerspiegelt.
Orientierungssatz
Zur GdB-Bewertung einer chronisch-venösen Insuffizienz nach Teil B Nr 9.2.3 der in der Anlage zu § 2 VersMedV geregelten Versorgungsmedizinischen Grundsätze.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Voraussetzungen für einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 vorliegen.
Die am ... 1953 geborene Klägerin beantragte am 2. April 2008 die Feststellung der erlittenen Verkehrsunfallfolgen vom 1. November 2007 als Behinderungen sowie das Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung). Durch den Unfall hatte die Klägerin komplexe Fuß- und Sprunggelenksverletzungen erlitten. Der Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht B. über die Behandlung vom 5. März bis 9. April 2008 bei. Folgende Bewegungsmaße der oberen Sprunggelenke waren bei der Eingangsuntersuchung erhoben worden: Plantarflexion/Dorsalextension: rechts/links 35/0/15 Grad bzw. 20/0/10 Grad. Bei der Abschlussuntersuchung sei die Beweglichkeit der Wirbelsäule in allen Abschnitten schmerzfrei und ausreichend möglich gewesen. Sensibilitätsstörungen hätten nicht vorgelegen. Das Bewegungsausmaß der Gelenke der unteren Extremitäten sei deutlich verbessert und die Gang- und Standstabilität gesichert worden. Dadurch habe sich auch die Koordination deutlich gebessert. Insgesamt seien eine Stabilisierung der Rumpfmuskulatur, eine Kräftigung des gesamten Bewegungsapparates und eine Schmerzreduzierung eingetreten. Außerdem wurde im Bericht die Einnahme von "Clexane", einem Mittel zur Hemmung der Blutgerinnung, mitgeteilt. Darüber hinaus holte der Beklagte einen Befundbericht des Facharztes für Orthopädie und Chirotherapie Dr. G. vom 8. September 2008 ein. Dieser berichtete über ein deutlich linkshinkendes kleinschrittiges Gehen. Das linke obere Sprunggelenk sei deutlich eingesteift. Außerdem bestünden eine Instabilität des unteren Sprunggelenks, ein Druck- und Dehnungsschmerz im Bereich des medialen und lateralen Bandapparates des linken Sprunggelenkes, ein deutlicher Kompressions- und Mobilisationsschmerz im Bereich des linken Mittelfußes sowie eine deutliche Anasarka (nichtentzündliches Ödem) beider Unterschenkel und Füße bei einem Zustand nach Beinvenenthrombose. Im Bereich der Kniegelenke bestehe ein Druck- und Patellaverschiebeschmerz. Die Beweglichkeit betrage Extension/Flexion rechts/links 0/3/120 Grad bzw. 0/0/130 Grad. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (LWS) sei altersgemäß. Lediglich im Bereich der linken Hüfte sei eine Innenrotationseinschränkung auf 10 Grad mit endgradiger Bewegungsschmerzhaftigkeit festzustellen. In Auswertung der Berichte schlug der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten (Dipl.-Med. K.) für die "Funktionsminderung des linken Hüft-, rechten Knie- und beider Sprunggelenke nach Frakturen, Belastungsminderung des linken Fußes" einen GdB von 30, die "Schwellneigung beider Beine und dauerhafte Gerinnungshemmung nach Thrombosen" von 20 sowie einen Gesamt-GdB von 40 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 23. September 2008 einen GdB von 40 fest und lehnte die Feststellung von Merkzeichen ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 7. Oktober 2008 wies der Beklagte nach Beteiligung seines Vertragsarztes Dr. B. mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2009 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 6. April 2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben und die Feststellung eines GdB von 50 und des Merkzeichens aG beantragt. Sie hat auf ständige Schmerzen und seelische Beschwerden hingewiesen. Außerdem hat sie das Gutachten der Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. S. (Südharz-Krankenhaus N.) vom 20. Februar 2008 für die H.-C. vorgelegt. Danach sei die Behandlung noch nicht abgeschlossen und eine stationäre Reha-Maßnahme angeregt worden. Zudem hat die Klägerin Schmerztagebücher mit dem Hinweis auf die schmerztherapeutische Behandlung bei Dipl.-Med. G. (Praktischer Arzt/Chirotherapie/Akupunktur, spezielle Schmerztherapie) vorgelegt. Des Weiteren hat sie einen Arztbrief der Fachärztin für Nuklearmedizin Dr. H. über eine Knochenszintigrafie vom 25. November 2009 übersandt, wonach eine leichte Fehlhaltung der Wirbelsäule mit wenig degenerativen Veränderungen vorliege. Schließlich hat die Klägerin mehrere Arztbriefe des Prof. Dr. Z. vom Universitätsklinikum D. vorgelegt. Bei der Ers...