Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. Hausgrundstück. Verkauf bzw Verwertung des ursprünglichen Schonvermögens. Zufluss des Verkaufserlöses im Laufe eines Monats. Wegfall der Hilfebedürftigkeit ab dem Zuflusstag und nicht ab dem Ersten des Zuflussmonats
Leitsatz (amtlich)
Vermögen, das sich im Laufe eines Monats von geschütztem zu verwertbarem Vermögen wandelt, steht einem Leistungsanspruch erst ab dem Zeitpunkt (Tag) des Zuflusses des Geldes entgegen. Daher lässt der im Verlauf eines Monats zugeflossene Erlös aus der Verwertung eines Vermögensgegenstands (hier: Hausgrundstück) die Hilfebedürftigkeit nicht rückwirkend zum Beginn des Zuflussmonats entfallen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der während eines laufenden Monats zugeflossene Erlös aus der Verwertung eines Vermögensgegenstandes die Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten rückwirkend zum Beginn des Zuflussmonats entfallen lässt.
Die am ... 1960 geborene Klägerin bezog zusammen mit ihrem 1952 geborenen Ehemann und der 1988 geborenen gemeinsamen Tochter S. vom Beklagten seit Dezember 2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II).
Die Klägerin wurde am 4. August 2006 als Eigentümerin eines Grundstücks eingetragen, das mit einem ca. 80 qm großen Haus bebaut war. Dieses war belastet mit einem Wohnrecht nach § 1093 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugunsten Frau A. M ... Nachdem diese am 26. November 2009 verstorben war, zog die Klägerin mit ihrer Familie am 1. März 2010 in das Haus ein.
Sie teilte dem Beklagten in einer persönlichen Vorsprache am 29. Oktober 2010 mit, sie wolle das Haus verkaufen. Ihr sei bewusst, dass sie vom Kaufpreis ihren Lebensunterhalt bestreiten müsse.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. November 2010 verkaufte die Klägerin das Haus zu einem Kaufpreis von 35.000 EUR, der am 28. Januar 2011 auf ihrem Girokonto gutgeschrieben wurde.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen nach dem SGB II für die Monate Januar bis Juni 2011 vorläufig (für die Klägerin und ihren Ehemann je 342,69 EUR/Monat, für die Tochter 134,49 EUR/Monat.)
Am 4. Februar 2011 erhielt der Beklagte Kenntnis vom Zufluss des Verkaufserlöses des Hauses auf dem Konto der Klägerin. Diese reichte zugleich u.a. die Rechnung für die Maklertätigkeit vom 6. Dezember 2010 in Höhe von 1.785 EUR ein.
Mit Bescheid vom 24. März 2011 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 6. Dezember 2010 mit Wirkung vom 1. März 2011 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) wegen Änderung der Verhältnisse vollständig auf. Die Bedarfsgemeinschaft sei nach Zufluss des Verkaufserlöses des Hauses nicht mehr hilfebedürftig. Ihr Vermögen übersteige den ihr und ihrem Ehemann nach § 12 SGB II zustehenden Freibetrag um 17.300 EUR.
Mit Bescheid vom 1. April 2011 nahm der Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 24. März 2011 mit Wirkung vom 24. März 2011 teilweise zurück. Der Bewilligungsbescheid vom 6. Dezember 2011 werde mit Wirkung vom 1. Januar 2011 vollständig aufgehoben. Laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts würden schon ab 1. Januar 2011 abgelehnt. Die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 1.639,74 EUR seien von der Klägerin gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Sie verfüge über Vermögen, das den Freibetrag des § 12 SGB II übersteige. Ein Leistungsanspruch bestehe daher nicht. Sollte das Vermögen aufgebraucht sein (laut Bedarfsermittlung in 16 Monaten und 20 Tagen), könne sie einen erneuten Leistungsantrag stellen.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin fristgerecht Widerspruch. Es seien folgende Ausgaben vom Verkaufserlös nicht abgezogen worden: Die bis 30. April 2011 für die Nutzung des Hauses mit den Käufern vereinbarte Miete, die Kaution für neue Wohnung, die Maklergebühren sowie die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von ca. 145 EUR/Monat. Unter Abzug dieser Beträge reiche das Vermögen gerade einmal 13 Monate.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2011 als unbegründet zurück. Wegen der Höhe des Vermögens seien die Klägerin und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht hilfebedürftig. Da das Vermögen auch im März 2011 zur Verfügung gestanden habe, sei die Leistungsablehnung ab März 2011 rechtmäßig erfolgt.
In der Folgezeit zahlte die Klägerin den vollen Erstattungsbetrag an den Beklagten. Klage gegen den Widerspruchsbescheid erhob sie nicht.
Unter dem 11. März 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 1. April 2011. Die Makle...