Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtlich wesentlicher Ursachenbegriff bei konkurrierenden Ursachen für den Schadenseintritt

 

Orientierungssatz

1. Eine nachgewiesene Gesundheitsstörung ist dann Folge eines Arbeitsunfalls, wenn zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserstschaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ursachenzusammenhang besteht. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keinen überragenden Einfluss hat.

2. Gegen einen wesentlichen Unfallzusammenhang spricht, wenn eine konkurrierende Ursache als einleuchtende und vom Unfallereignis unabhängige Erklärung der als dessen Folgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen gesichert ist.

3. Bestehen angesichts eines bestehenden Vorschadens ernste Zweifel daran, dass der Arbeitsunfall die geltend gemachte Schädigung verursacht hat, so ist die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu verneinen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Schäden im Bereich der linken Schulter des Klägers weitere Folgen eines Arbeitsunfalls sind.

Der 1945 geborene Kläger geriet am 19. Juni 2005 gegen 6.00 Uhr auf versichertem Weg mit dem Vorderrad eines Mopeds auf einer Weide in eine Fahrspur, stürzte und schlug dabei seitlich mit der linken Schulter und Hüfte auf den Boden. Nach einer ca. halbstündigen Pause fuhr er mit dem Moped nach Hause zurück und stellte sich um 7.50 Uhr bei dem D-Arzt und Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik des Johanniter Krankenhauses G. S. Dr. J. vor, der einen Druckschmerz und eine Schwellung über dem linken AC-Gelenk (Schultereckgelenk) bei freier Schulterbewegung fand. Über dem Trochanter major links (Außenseite des Hüftgelenkes) seien kleine Prellmarken bei freier Hüftbeweglichkeit vorhanden. Röntgenologisch zeigten sich im Bereich des linken Schulter- und Hüftgelenkes keine Frakturanzeichen. Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich bis zum 4. Juli 2005. Diagnostisch bestünden eine AC-Gelenkkontusion sowie eine Hüftprellung links (D-Arztbericht vom 19. Juni 2005).

Nachdem sich der Kläger wegen anhaltender Schulterbeschwerden am 5. September 2005 wieder bei Dr. J. vorgestellt und zuvor ein am 31. August 2005 gefertigtes Magnetresonanztomogramm (MRT) hochgradige Veränderungen im AC-Gelenkspalt mit Flüssigkeitseinlagerung und verdicktem Entzündungsgewebe sowie den Verdacht auf das Vorliegen einer Teilruptur der Supraspinatussehne (Sehne des Obergrätenmuskels) erbracht hatte, erfolgte am 20. September 2005 eine Arthroskopie. Laut Operationsbericht fanden sich eine Synovialitis (Entzündung der Gelenkinnenhaut), degenerative Veränderungen des Labrums (Knorpelring der Schultergelenkspfanne) am vorderen Anteil mit teilweiser Ablösung des deutlich degenerativ veränderten Bizepssehnenankers im Sinne einer SLAP-Läsion Typ II, deutliche degenerative Veränderungen der Bizepssehne, eine I.-gradige Chondropathie der glenoidalen Gelenkfläche (Knorpelverschleiß im Bereich der Schultergelenkspfanne), ein degenerativ verändertes AC-Gelenk mit knöchernen Anbauten, kleine intramurale (an der Gewebewand befindliche) Risse mit begleitenden degenerativen Veränderungen der Supraspinatussehne ohne vollständige Ruptur sowie eine chronisch verdickte Bursa subacromialis (Schleimbeutel zwischen Schulterdach und Gelenkkapsel).

Unter dem 30. September 2005 teilte die Krankenkasse des Klägers der Beklagten auf entsprechende Anfrage mit, dass vom 27. September bis 1. Oktober 2004 wegen einer Schulterzerrung, vom 14. bis 22. Juli 2005 wegen eines Karpaltunnelsyndroms und vom 19. September 2005 an wegen Beschwerden im Bereich der Rotatorenmanschette (Drehmuskelmanschette) Arbeitsunfähigkeit bestanden habe bzw. vorliege.

Mit Bescheid vom 17. November 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 19. Juni 2005 mit einer Kontusion der linken Schulter sowie einer Prellung der linken Hüfte als Arbeitsunfall an und stellte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 4. Juli 2005 fest.

Hiergegen erhob der Kläger am 28. November 2005 Widerspruch und machte zur Begründung mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 vor allem geltend, dass im Rahmen der Operation am 20. September 2005 ein Bizepsabriss festgestellt worden sei, der nach ärztlicher Auskunft vom Unfall stamme. Zudem sei am 6. Dezember 2005 eine weitere Operation erfolgt. Die Beklagte zog vom Johanniter Krankenhaus G. S. den Operationsbericht vom 6. Dezember 2005 bei. Hierin beschrieb Dr. J. wiederum eine Synovialitis, eine ohne vollständige Kontinuitätstrennung degenerativ veränderte und partiell eingerissene Subscapularissehne (Sehne des Schulterblattmuskels), eine ebenfalls degenerativ veränderte Supraspinatussehne sowie eine Bursitis im subacromialen Raum. Das Labrum sei im distalen (unteren) Bereich wieder angewachsen, wohingegen cranial-ventral zum Bizepsse...

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