Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit eines offensichtlich präkludiertes Ablehnungsgesuchs gegen einen Richter wegen Befangenheit. Mitwirkung an der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs. gesetzliche Unfallversicherung. Patellaluxation als Folge eines Arbeitsunfalls. haftungsbegründende Kausalität
Leitsatz (amtlich)
1. Ein offensichtlich präkludiertes Ablehnungsgesuch gegen einen Richter kann als rechtsmissbräuchlich und unzulässig zurückgewiesen werden (vgl grundsätzlich dazu BVerfG vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14, juris RN 17; BSG vom 20.1.2016 - B 14 AS 193/15 B, juris RN 10).
2. An dieser Entscheidung kann der abgelehnte Richter mitwirken.
3. Eine Patellaluxation kann Folge eines Arbeitsunfalls sein.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. Mai 2014 und der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2016 werden aufgehoben.
Das Ereignis vom 1. Oktober 2010 wird als Arbeitsunfall mit einer Patellaluxation mit medial-seitigem knöchernen Ausriss des Retinaculums rechts als Schaden festgestellt.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Ereignis am 1. Oktober 2010 als Arbeitsunfall mit einer Patellaluxation rechts anzuerkennen ist.
Der Kläger ist 1980 geboren. Er absolvierte von 1997 bis 2000 eine Ausbildung zum Fliesenleger und übte diese Tätigkeit bis 2003 aus. Im Weiteren schulte er zum Großhandelskaufmann um und war anschließend bis zumindest 2013 in einem Baumarkt tätig. Dabei fielen auch Hebe- und Tragelasten bis max. 40 kg.
Am 1. Oktober 2010 ereignete sich das umstrittene Ereignis. Der Kläger gab hierzu in seiner Unfallanzeige ein, er habe im Rahmen des Dienstes bei der Freiwilligen Feuerwehr an einem Fußballtraining teilgenommen. Er habe den Ball links an dem Gegenspieler vorbei gespielt und sei mit seinem rechten Knie am rechten Knie des Gegenspielers hängen geblieben. Durch das "Hängenbleiben am Knie des Gegenspielers" sei das Kniegelenk auswärts eingeknickt. Dabei habe sich die Kniescheibe vom rechten Bein nach außen herausgedreht.
Ähnlich war die Beschreibung des Vorfalles in der Unfallanzeige der Freiwilligen Feuerwehr A. vom 3. Oktober 2010 und in dem D-Arztbericht von Dipl.-Med. S ... Letztgenannter diagnostizierte eine "habituelle Luxation der Patella". Nach den Angaben des Klägers sei die Kniescheibe seitlich herausgetreten und habe sich spontan selbst reponiert. Es zeigte sich ein deutlicher Erguss des Kniegelenkes. Die Kniescheibe befand sich in regelrechter Lage. Die Röntgenuntersuchung ergab keine frische knöcherne Verletzung, aber eine Patelladysplasie rechts vom Typ III. Nach Einschätzung Dipl.-Med. S. lag kein Unfall im Sinne des Gesetzes vor.
Unter dem 18. Oktober 2010 berichtete der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. G., er habe am 4. Oktober 2010 ein prall gefülltes, schmerzhaftes rechtes Knie vorgefunden. In der Sonographie habe sich ein suprapatellarer Erguss mit Verdacht auf Hämarthros gezeigt. Bei einer Punktion am gleichen Tage habe sich 10 ml Hämarthros ohne Fettaugen entleert.
Am 20. Oktober 2010 berichtete die chirurgische Abteilung des H.klinikums W., der Kläger sei vom 4. bis 9. Oktober 2010 in ihrer stationären Behandlung gewesen. Die Ärzte hätten eine Patellaluxation mit medialseitigem, knöchernen Abriss des Retinaculums rechts festgestellt und am 5. Oktober 2010 eine Arthroskopie sowie und eine mediale Raffung durchgeführt. In dem Operationsbericht vom 5. Oktober 2010 heißt es, klinisch bestehe ein Hämarthros und röntgenologisch eine "diskrete patellare Dysplasie Wiberg II".
Das beigezogene Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers ergab insgesamt mit einer Ausnahme keine Krankschreibung wegen orthopädischer Leiden und insbesondere nicht wegen einer Erkrankung oder Verletzung der unteren Extremitäten. Lediglich am 12. April 1998 war es zu einer Patellaluxation links (also am anderen Knie) gekommen.
Nach einem daraufhin beigezogenen Bericht des H.klinikums W. vom
21. April 1998 hatte der Kläger am 12. April 1998 eine Patella-Erstluxation links mit osteochondraler Fraktur der lateralen Femurkondyle, Knorpelkontusion des medialen Tibiaplateaus sowie eine Ruptur des medialen Retinaculums mit Hämarthros erlitten. Zur Anamnese heißt es, der Kläger sei beim Osterfeuer auf einer Bierflasche ausgerutscht und habe sich während des Sturzes das linke Kniegelenk verdreht. Noch am Unfallort sei es zu einer spontanen Reposition gekommen. Bei einer Wiedervorstellung in dieser Klinik am 13. Mai 1998 gab der Kläger noch eine Wetterfühligkeit von Seiten des linken Kniegelenkes an. Im Übrigen habe er keine Beschwerden.
Am 9. Dezember 2010 berichtete Dipl.-Med. S. bezüglich der aktuellen Unfalls, aufgrund des Ereignisablaufes und der angeborenen Fehlbildung der Kniescheibe vom Typ III nach Wiberg und Baumgartl sei er von einer Kniescheibenverrenkung aus innere...