Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. wiederholte Patellaluxation. unfallbedingter Erstschaden. haftungsbegründende Kausalität. Schadensanlage. keine Gelegenheitsursache. Nachweis. Zeitpunkt der zurückliegenden Luxation. Ausrutschen
Leitsatz (amtlich)
Eine wiederholte Patellaluxation ist wesentlich durch ein Ausrutschen verursacht, wenn bei nachgewiesener geringer Fehlform die letzte Luxation 23 Jahre zurückliegt.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. März 2018 sowie der Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2016 werden aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 3. Dezember 2014 ein Arbeitsunfall mit der Folge einer Kniescheibenverrenkung rechts ist.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge und das Vorverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Vorfall am 3. Dezember 2014 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Kniescheibenverrenkung bzw. einer Prellung am rechten Knie anzuerkennen ist.
Die Klägerin war am Unfalltag als Laborantin im Krankenhaus beschäftigt. Nach dem D-Arztbericht von Dr. P. rutschte sie auf dem Weg ins Labor auf dem nass gewischten Flur aus und fiel auf das rechte Knie. Dr. P. konnte eine starke Schwellung im Kniegelenk feststellen. Der Bewegungsumfang war schmerzbedingt stark eingeschränkt mit einer Extension/Flexion von 0/10/40 Grad. Die Kniescheibe stellte sich klinisch zentriert dar. Es bestanden ubiquitär ein Druckschmerz sowie ein intraartikulärer Erguss. Seine Diagnose lautete Kniekontusion rechts.
In dem MRT vom 3. Dezember 2014 wurde von dem Radiologen Dr. B. eine offenbar anlagemäßig sehr flache, schmale Patellagleitbahn mit erhaltenem Knorpelsaum festgestellt. Es zeige sich weiter eine Lateralisierung der Patella um mehr als einen Zentimeter.
Im Weiteren informierte Dr. P. über die Behandlung der Klägerin vom 3. bis 4. Dezember 2014 (Bericht vom 17. Dezember 2014). Er diagnostizierte nun einen Zustand nach Patellaluxation rechts mit vollständiger Ruptur des medialen Retinaculums und der Gelenkkapsel sowie Teilruptur des Innenbandes. Die nachfolgende Röntgen - und MRT-Untersuchung habe eine deutliche Lateralisation der Patella gezeigt. Die Klägerin sei konservativ behandelt worden.
Am Folgetag (4. Dezember 2014) berichtete der Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Krankenhauses G., Dr. J., bei der Klägerin bestehe ein Zustand nach Patellaluxation rechts mit vollständiger Ruptur des medialen Retinaculums und der medialen Gelenkkapsel sowie Teilruptur des Innenseitenbandes. Klinisch finde sich weiterhin eine erhebliche Weichteilschwellung des rechten Kniegelenkes mit Hämatombildung und deutlichem Kniegelenkserguss. Anamnestisch sei zu berichten, dass die Klägerin bereits dreimal rechtsseitig eine Patellaluxation gehabt habe, wobei die letzte 20 Jahre zurückliege.
Im Weiteren teilte die Klägerin mit, sie sei um 5:15 Uhr im Rahmen ihrer Rufbereitschaft wegen eines Notfalls alarmiert worden. Als sie um 5:45 Uhr aus dem Umkleideraum zum Labor gegangen sei, sei sie ausgerutscht. Die Kniescheibe sei sofort raus gewesen. Sie habe sie selbst wieder rein bekommen und sich in das Labor geschleppt. Nach getaner Arbeit habe sie sich dann zu dem D-Arzt im Krankenhaus begeben.
In einem Unfallfragebogen beschrieb die Klägerin den Unfall näher. Sie gab an, es sei alles zu schnell gegangen und sie sei ohne Erinnerung. Sie sei zur Seite gefallen - sicherlich auf das Gesäß. Die Frage, ob sie mit dem Kniegelenk aufgeschlagen sei, verneinte die Klägerin. Beigefügt war eine Fotografie des Knies der Klägerin, auf der ein sehr großer und ausgebreiteter Bluterguss links und rechts unterhalb der Kniescheibe zu erkennen ist. Am 19. Dezember 2014 bekräftigte die Klägerin in einem weiteren Fragebogen, dass sie sicherlich auf das Gesäß gefallen sei. Befragt zu der Haltung der Füße, Beine und des Oberkörpers betonte sie erneut, dass alles sehr schnell gegangen sei und sie ohne Erinnerung sei. 1976 sei die Kniescheibe bei einem Fußballspiel herausgesprungen.
Vom 8. bis 13. Dezember 2014 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in dem Krankenhaus G. Bei der Aufnahmeuntersuchung wurden eine starke Schwellung mit Erguss, eine großflächige Hämatomverfärbung im Bereich des linken Kniegelenkes, Druckschmerzen und eine stark eingeschränkte Beweglichkeit vermerkt. Im Rahmen der Operation am 8. Dezember 2014 erfolgten eine Retinaculumspaltung mit Zügelungsoperation an der Kniescheibe sowie eine Bandplastik am Kniegelenk nahe dem medialen Kollateralband. Während der Operation zeigte sich ein älterer Knorpelschaden. Frische knöcherne Verletzungen fanden sich nicht. Es bestand eine vollständige Verletzung des MPFL-Apparates (mediales patellofemorales Ligament; dies hindert die Kniescheibe daran, aus dem Gleitlager nach außen herauszuspringen).
Am 22. März 2015...