Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer. Versorgungsabsicht. Fehlen eines konkreten Heiratsentschlusses und Hochzeitstermins
Leitsatz (amtlich)
Von einer überwiegend nicht in Versorgungsabsicht geschlossenen Ehe kann nicht ausgegangen werden, wenn lediglich häufig über die Absicht, zu heiraten, gesprochen wird, aber ein konkreter Heiratsentschluss nicht gefasst und ein konkreter Hochzeitstermin nicht bestimmt wird.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagte wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. August 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Witwenrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI). Umstritten ist insbesondere das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe.
Die am ... 1935 geborene Klägerin ist die Witwe des am ... 1935 geborenen und am 14. November 2010 verstorbenen Versicherten H. K. (im Folgenden: Versicherter). Die Anmeldung der Eheschließung erfolgte am 20. Juli 2010 bei dem für die Klägerin und den Versicherten zuständigen Standesamt H. Die Eheschließung fand am 22. Juli 2010 beim Standesamt F. statt.
Nach den Angaben der Klägerin verstarb die erste Ehefrau des Versicherten im Jahr 2004. Sie und der Versicherte kannten sich schon lange vorher und waren dann seit 2005 ein Paar. Die Klägerin zog am 25. September 2008 in das Haus des Versicherten in H. Dessen Grundstück war mit einer Grundschuld in Höhe von 89.476,08 EUR belastet; nach den Angaben der Klägerin zur Sicherung einer Kreditverbindlichkeit des Sohnes des Versicherten aus erster Ehe, G. K. Der Versicherte hatte ihr mit einem handschriftlich verfassten und unter dem 1. September 2008 unterschriebenen Schriftstück ab dem 1. Oktober 2008 ein uneingeschränktes - grundrechtlich nicht abgesichertes - Wohnrecht auf Lebenszeit in seinem Haus eingeräumt. Nach dessen Tod zog die Klägerin am 24. August 2011 wieder aus. Ausweislich des notariellen Kaufvertrages vom 25. Oktober 2011 verkauften die Klägerin und G. K. die Erben des Versicherten zu je einem halben Anteil entsprechend der gesetzlichen Erbfolge, das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 155.000,- EUR. Die durch die Grundschuld gesicherte Verbindlichkeit sollte mit dem hälftigen Kaufpreisanteil des Sohnes des Versicherten - Zug um Zug gegen die Löschung der Grundschuld im Grundbuch - abgelöst werden.
Der Versicherte war von Beruf Schlosser. Er bezog Alters- und Witwenrente, ab dem 1. Juli 2010 in Höhe von monatlich 946,43 EUR netto bzw. 3,92 EUR netto. Die Klägerin war zunächst als Krankenschwester, dann als Ingenieurpädagogin beschäftigt. Sie bezieht Altersrente, deren Höhe am 1. Juli 2010 809,90 EUR netto betrug.
Im Rahmen einer am 29. April 2010 durchgeführten Vorsorgekoloskopie wurde beim Versicherten ein Tumor im rekto-sigmoidalen Übergang festgestellt. Nachdem histologisch ein mäßig differenziertes Adenokarzinoms des Rektums - G2 pT4a pN2 (4/8) L1 VO M1 - gesichert worden war, wurde der Versicherte vom 20. Mai bis zum 9. Juni 2010 stationär im S.-O.-Klinikum behandelt. Die Operation am 21. Mai 2010 ergab eine vollständige Durchsetzung der rechten Leber mit Metastasen; maligne Lymphknotenvergrößerungen waren nicht feststellbar. Der Versicherte erhielt temporär einen Dauerkatheter. Ausweislich der Epikrise des S. O.-Klinikums vom 8. Juni 2010 wurde der Versicherte am 9. Juni 2010 vollständig aufgeklärt in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Am 25. Juni 2010 wurde beim Versicherten ein Portsystem zur Durchführung der palliativen Chemotherapie angelegt. Nach dem weitgehenden Abklingen der sekundären Wundheilung erfolgte ab dem 10. August 2010 die Chemotherapie im Rahmen einer klinischen Studie (PEAK) mit zugelassenen Medikamenten bei Dr. K., Arztpraxis für Hämatologie-Onkologie, Ambulante Chemotherapie, Bluttransfusionen. Nach dem Arztbrief von Dr. K. vom 26. August 2010 war ausweislich des Computertomographie (CT)-Befundes vom 26. Juli 2010 im Vergleich zum 5. Mai 2010 eine geringe Größenzunahme der drei Lebermetastasen festzustellen gewesen. Am 10. November 2010 wurde der Versicherte wegen zunehmender Verschlechterung seines Allgemeinzustandes erneut stationär aufgenommen. Er erlitt am 12. November 2010 eine Kreislaufdysregulation mit einer transitorisch-ischämischen Attacke. Ausweislich der Epikrise des S. O.-Klinikums vom 8. Dezember 2010 verstarb der Versicherte am 14. November 2010 in Summation seiner Leiden; differentialdiagnostisch müsse der Ablauf einer Lungenarterienembolie, die die kardiale Situation erneut verschlechtert habe, diskutiert werden.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 6. Dezember 2010 die Bewilligung von Witwenrente. Sie gab auf der Anlage zu diesem Antrag an, der Versicherte sei nicht vordringlich an der Krebserkrankung, sondern letztendlich an einer dekompensierten kardialen Insuffizienz und art...