Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung. Beitragspflicht. forstwirtschaftliches Unternehmen. widerlegbare Vermutung. forstwirtschaftliche Nutzung
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen eines forstwirtschaftlichen Unternehmens gemäß § 776 Abs 1 Nr 1 RVO.
2. Die Vermutung einer forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung ist insbesondere widerlegt, wenn die äußeren Umstände erkennen lassen, daß der Grund und Boden nicht zum Zwecke der Gewinnung von Forsterzeugnissen bearbeitet wird. Das kann beispielsweise zu verneinen sein, wenn Wald als Baugelände, zur Anlage eines Flughafens, zum Liegenlassen als "Urwald" aus wissenschaftlichen Gründen oder als sonstiges Versuchs- und übungsgelände erworben wird (vgl BSG vom 3.5.1984 - 11 RK 1/83 = SozR 5420 § 2 KVLG Nr 30).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers, Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu entrichten.
Der Kläger ist gelernter Maschinenbauingenieur. Seit dem Jahre 1993 ist er Altersrentner. In seinem Eigentum stehen unter anderem acht nicht zusammenhängende, mit Wald bewachsene Flächen mit einer Gesamtgröße von 1,9541 ha, die westlich von Z. auf dem Gebiet der Gemeinde K. liegen. Der Kläger hat das Alleineigentum im Dezember 1989 durch eine Erbschaft erlangt. Von 1953 bis 1990 bestanden zwischen den Eigentümern und dem Rat des Kreises Z. Verträge, wonach die Waldflächen zusammen mit anderen landwirtschaftlichen Flächen an den Kreis zur Nutzung durch die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) K. verpachtet waren. Der Pachtvertrag wurde im Jahre 1990 aufgelöst, weil sich die LPG in Auflösung befand. Der Kläger hat angegeben, die Flächen selbst bisher zu keinem Zeitpunkt bewirtschaftet zu haben.
Mit einem Bescheid vom 14. November 1994 wurde der Kläger für die Jahre 1992 und 1993 als forstwirtschaftlicher Unternehmer zur Beitragszahlung herangezogen. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 17. November 1994 Widerspruch und führte aus, daß er selbst als Altersrentner die Grundstücke nicht forstwirtschaftlich nutze und deshalb auch nicht zur Beitragszahlung herangezogen werden könne. Mit Bescheid vom 20. Februar 1995 wurde der Kläger zur Beitragszahlung für das Jahr 1994 herangezogen. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.
Am 21. August 1995 erließ die Beklagte einen neuen Beitragsbescheid, mit dem sie die vorher ergangenen korrigierte. Für den Kläger als forstwirtschaftlichen Unternehmer wurde für das Jahr 1992 ein Beitrag von 62,72 DM, für das Jahr 1993 ein Beitrag von 63,18 DM und für das Jahr 1994 ein Beitrag von 63,64 DM festgesetzt. Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 1995 zurück und führte zur Begründung aus, ein forstwirtschaftlicher Grundbesitz verliere diese Eigenschaft nicht dadurch, daß für die Pflege des Grundstückes - vielleicht sogar über Jahre hinweg - keine oder auch nur geringfügige Tätigkeiten zur Bewirtschaftung oder Pflege und auch keine Erträge anfielen.
Der Kläger hat am 30. August 1995 Klage beim Sozialgericht Halle (SO) erhoben.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 1995 hat der Kläger mitgeteilt, er habe nunmehr einen Pächter gefunden, der die Waldflächen zum "Nulltarif" gepachtet habe. Aus einem vom Kläger in Ablichtung übersandten Pachtvertrag vom 1. Oktober 1995 ergibt sich, daß er die Waldflächen ab dem 1. Oktober 1995 an einen Landwirt in D. verpachtet hat. Es wurde ein Pachtzins von 0 DM vereinbart. Der Pächter übernimmt nach dem Vertrag die evtl. notwendig werdenden Pflegearbeiten und die auf dem Pachtgegenstand ruhenden öffentlichen Abgaben und die Beiträge zur Berufsgenossenschaft.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 30. Januar 1996 stattgegeben und die angefochtenen Beitragsbescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 1995 aufgehoben. In den Gründen wird im wesentlichen ausgeführt: Voraussetzung für eine Beitragspflicht des Klägers sei, daß dieser ein forstwirtschaftliches Unternehmen betreibe. Dies sei aber nicht der Fall. Es sei zwar zutreffend, daß ein forstwirtschaftliches Unternehmen auch vorliegen könne, wenn über Jahre hinweg keine forstwirtschaftliche Tätigkeit erforderlich sei und auch nicht durchgeführt werde. Die Beklagte habe aber nach den allgemeinen Regeln der Beweislast zu beweisen, daß vom Kläger überhaupt eine konkrete forstwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde. Die Kammer könne sich nicht der Ansicht der Beklagten anschließen, es bestünde eine Vermutung für eine solche forstwirtschaftliche Tätigkeit.
Mit einem Bescheid vom 15. März 1996 hat die Beklagte den Kläger für das Jahr 1995 zu einer Beitragszahlung von 63,86 DM herangezogen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. 3. 1996 zugestellte Urteil am 25. 3. 1996 Berufung eingelegt und diese im wesentlichen wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts komme es für den forstwirtschaftlichen Unternehmensbegriff nicht auf die derzeitige Bearbeitung der Flächen und die Flächengröße an. Nach dem Landeswaldges...