Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung einer Ruptur der Supraspinatussehne als mittelbare Folge eines Arbeitsunfalls

 

Orientierungssatz

1. Für die Beurteilung des Kausalzusammenhanges zwischen einem Unfall und der geltend gemachten Gesundheitsstörung gilt der Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, muss mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang sprechen. Ernste Zweifel müssen ausscheiden.

2. Wird als Unfallfolge der Riss der Supraspinatussehne geltend gemacht und ist unfallnah der Riss nicht mehr zu sichern, fehlt es zudem an typischen Hinweisen auf eine traumatische Verletzung der Supraspinatussehne zeitnah zum Unfallgeschehen, so kann der geltend gemachte Riss nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Ruptur der Supraspinatussehne als mittelbare Folge eines anerkannten Arbeitsunfalls und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vom Hundert (vH).

Der 1960 geborene Kläger erlitt am 11. November 1982 während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in der ehemaligen DDR beim Sprung von der Ladefläche eines Lkw eine Verstauchung des linken Kniegelenks und zog sich eine Ruptur der Seitenbänder und des vorderen Kreuzbandes links mit Meniskusläsion sowie einen Kniegelenkserguss zu. Der FDGB-Kreisvorstand erkannte den Unfall als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger eine Unfallrente. Nachdem die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte genannt) den Versicherungsfall als zuständige Berufsgenossenschaft übernommen hatte, zahlte sie dem Kläger bis zum 28. Februar 1995 eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH und anschließend nach einer MdE um 20 vH.

Zur Verbesserung der aus dem anerkannten Arbeitsunfall herrührenden Unfallfolgen veranlasste die Beklagte im Zeitraum vom 31. März bis 26. April 2003 eine "Berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung" (BGSW) des Klägers in dem Krankenhaus B. in H ... Am 11. April 2003 verletzte sich der Kläger während einer Therapieübung den rechten Arm. In dem Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 25. April 2003 teilte der Oberarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Dr. L. mit, der Kläger habe sich den rechten Arm im Schultergelenk gezerrt. Die Röntgenkontrolle habe einen Normalbefund gezeigt; sonographisch habe sich kein Anhalt für eine Läsion der Rotatorenmanschette ergeben. Die Anfertigung eines Magnetresonanztomogramms (MRT) habe der Kläger abgelehnt. Die Beweglichkeit des Armes sei eingeschränkt.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Städtischen Klinikums M. Privatdozent (PD) Dr. D. das Rentengutachten vom 30. Mai 2003. Darin führte er aus, die Betastung des rechten Schultergelenks sei druckschmerzhaft und die Bewegung durch einen schmerzhaften Bogen zwischen 50 und 100 Grad gekennzeichnet. Darüber hinaus sei die Beweglichkeit nur gering eingeschränkt. Als Folgen des Unfalls aus dem Jahr 1982 gab er Hautnarben am linken Bein, eine deutliche Knieinstabilität links, eine Verschmächtigung der linksseitigen Ober- und Unterschenkelmuskulatur, deutliche Gangstörungen mit erheblicher Einschränkung der Gehstrecke, die Notwendigkeit der Verwendung von zwei Unterarm-Gehstützen und eine geringe Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks an. Im Vergleich zu den Vorbefunden sei es zu einer Verschlechterung des Unfallfolgezustandes gekommen; der Kläger könne jetzt nur noch 10 Minuten ohne Schmerzen im Kniegelenk gehen. Zudem sei er auf die Verwendung von zwei Unterarm-Gehstützen angewiesen. Das linke Knie sei trotz einer implantierten Knieprothese instabil. Die erlittene Zerrung im Arm habe keine nachhaltigen Folgen. Er schätzte die MdE auf 40 vH.

Die Beklagte erhielt den Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. O. vom 28. April 2003, der eine Zerrung der rechten Schulter diagnostiziert und als Unfallhergang angegeben hatte, der Kläger habe beim therapeutischen Wasserball den gestreckten Arm nach vorne geführt und sei bei ca. 40 Grad mit der Hand an einer Haltestange hängen geblieben.

Der Kläger suchte den Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums M. L. Dr. H. auf, der unter dem 17. Juni und 8. Juli 2003 berichtete, die Sonographie des rechten Schultergelenks habe eine partielle Ruptur der Rotatorenmanschette ergeben. Der liftup-Test sei positiv. Der Kläger könne die rechte Schulter aktiv um 40 Grad nach außen und um 60 Grad nach vorn bewegen; Innen- und Außenrotation seien hochgradig schmerzhaft und behindert. Bei ruckartigen Bewegungen oder Schüttelbewegungen habe der Kläger erhebliche Schmerzen im rechten Schulterg...

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