Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Zweipersonenhaushalt in Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Repräsentativität der Datenerhebung. realitätsgerechte Abbildung des örtlichen Wohnungsmarktes. Kleinvermieter, Großvermieter, Sozialwohnungen. Gewichtung. konkrete Angemessenheit. Anmietbarkeit angemessenen Wohnraums

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die ab 1. Mai 2014 geltende KdUH-Richtlinie der Stadt Dessau-Roßlau auf der Grundlage des Methoden- und Ergebnisberichts aus März 2014 in der Fassung der Neuberechnung im Gewichtungsverfahren, Methodenbericht von Oktober 2022, beruht für einen Zweipersonenhaushalt auf einem schlüssigen Konzept.

2. Um die Repräsentativität der erhobenen Daten für ein KdUH-Konzept sicherzustellen, ist der (lokale) Mietwohnungsmarkt wirklichkeitsgetreu abzubilden. Die Datenerhebung muss in ihrer Zusammensetzung und in der Struktur der relevanten Merkmale der Grundgesamtheit möglichst ähnlich sein.

3. Ein KdUH-Konzept ist nicht repräsentativ, wenn institutionelle Vermieter nicht entsprechend ihrem Marktanteil, sondern deutlich überproportional im Verhältnis zu den privaten Vermietern in der Mietwerterhebung vertreten sind. Dieser Mangel kann durch eine gewichtete Neuberechnung - differenziert nach Nettokaltmieten und Betriebskosten - korrigiert werden, in der private Kleinvermieter einerseits und institutionelle Großvermieter andererseits sowie geförderter Wohnraum (sog Sozialwohnungen) nach ihrem tatsächlichen Anteil auf dem Mietwohnungsmarkt berücksichtigt werden.

4. Auch wenn die "Hochrechnung" der Neuvertragsmieten im Konzept mangels Angabe des Referenzwerts (bislang) nicht nachvollziehbar ist, wird das Konzept dadurch nicht unschlüssig. Um sicherzustellen, dass die aus den Bestandsmieten ermittelten Mietpreise es den Grundsicherungsempfängern erlauben, zu den angegebenen Preisen auch tatsächlich Wohnraum anmieten zu können, ist eine Ergebniskontrolle durch Gegenüberstellung der Angebotsmieten möglich.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägerinnen ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 2015. Streitig ist insbesondere die Höhe der anzuerkennenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Hinblick auf die abstrakte Angemessenheit.

Die 1985 geborene Klägerin und Berufungsklägerin zu 1. (im Folgenden: Klägerin zu 1.) und ihre am 5. März 2009 geborene Tochter, die Klägerin und Berufungsklägerin zu 2. (im Folgenden: Klägerin zu 2.), lebten bis Februar 2015 in einer Mietwohnung in der W. Str. in D. Hierfür zahlten sie eine monatliche Grundmiete von 240 € zzgl. einer Vorauszahlung für Betriebskosten von 85 €. Der Abschlag für Fernwärme und zentrale Warmwasserbereitung betrug monatlich 90 €.

Die Klägerinnen bezogen vom Beklagten und Berufungskläger (im Folgenden: Beklagter) Leistungen nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1. bezog zudem Arbeitslosengeld I in Höhe von 272,70 € monatlich. Die Klägerin zu 2. erhielt im streitigen Zeitraum Kindergeld in Höhe von 184 €. Am 26. Februar 2015 erhielt sie letztmalig anteilig Unterhaltsvorschuss in Höhe von 18 €.

Die Firma F u. B GmbH (im Weiteren: Firma F&B) hatte für die Stadt Dessau-Roßlau im Jahr 2014 die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels vorgenommen. Anschließend hatte sie im März 2014 einen Methoden- und Ergebnisbericht erstellt. Auf dieser Grundlage hatte der Stadtrat der Stadt Dessau-Roßlau am 29. April 2014 die mit Wirkung zum 1. Mai 2014 in Kraft getretene Unterkunftsrichtlinie des Beklagten, die "Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII für die Stadt Dessau-Roßlau", beschlossen. Die Angemessenheitsgrenzwerte sind im September 2014 im Amtsblatt der Stadt Dessau-Roßlau veröffentlicht worden. Danach war für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete (BKM) von monatlich 326,40 € angemessen.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerinnen vom 17. Oktober 2014 gewährte ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2014 für den Zeitraum von Dezember 2014 bis Mai 2015 Leistungen der Grundsicherung. Für März 2015 wurden Leistungen in Höhe von insgesamt 663,79 € und für April bis Mai 2015 in Höhe von monatlich 668,06 € gewährt. Seiner Leistungsberechnung legte er die tatsächlichen Unterkunftskosten der Klägerinnen zugrunde.

Mit Änderungsbescheid vom 30. November 2014 berücksichtigte der Beklagte die Erhöhung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2015.

Am 18. Dezember 2014 beantragten die Klägerinnen die Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für eine neue Unterkunft in der L. Str. in Dessau-Roßlau. Die Wohnfläche betrug 76,32 m² bei einer Grundmiete von 397 € zzgl. einer Vorauszahlung für Betriebskosten von 105 €. Der Abschlag für Fernwärme und zentrale Warmwasse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge