Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Theorie der wesentlichen Bedingung. Anlageleiden. Ausriss der Tuberositas tibiae. Sportunfall. Schulwettkampf
Orientierungssatz
1. Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Wenn feststeht, dass ein bestimmtes Ereignis eine naturwissenschaftliche Ursache für einen Erfolg ist, stellt sich die Frage nach einer wesentlichen Verursachung des Erfolgs durch das Ereignis. Erforderlich ist dazu eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht.
2. Ist die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis oder die eigengesetzliche Entwicklung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (hier: Ausriss der Tuberositas tibiae beim Anlauf zu einem Hochsprung anlässlich eines Schulwettkampfes).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 5. Dezember 2003 als Arbeitsunfall.
Der 1989 geborene Kläger stürzte laut Unfallanzeige des von ihm besuchten Gymnasiums am 5. Dezember 2003 gegen 14.30 Uhr während des Schulwettkampfs "Hochsprung mit Musik" beim Absprung. Dabei habe er sich das rechte Knie und rechte Schienbein verletzt. Der noch am gleichen Tag aufgesuchte Durchgangsarzt im Klinikum Q. Chefarzt Dr. M. berichtete über den Unfallhergang, der Kläger habe im Sportunterricht einen Hochsprung machen wollen; beim Anlauf habe er plötzlich ein Knacken und Schmerzen im rechten Kniegelenk verspürt. Er stellte im rechten Kniegelenk eine Schwellung, ein Hämatom sowie einen Ausriss der Tuberositas tibiae fest. Über die stationäre Behandlung des Klägers im Klinikum Q. vom 5. Dezember 2003 bis 16. Dezember 2003 berichtete Dr. M., er habe das rechte Kniegelenk mit einer konfektionierten Schiene ruhiggestellt. Die Röntgenkontrolle habe das Ausrissfragment im Bereich der rechten Tuberositas tibiae bei guter Implantatlage in einer kniegerechten Position gezeigt.
Mit Bescheid vom 8. Januar 2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 5. Dezember 2003 als Arbeitsunfall ab. Hiergegen erhob der Kläger am 19. Januar 2004 Widerspruch. Seine Eltern führten in dem Widerspruchsschreiben u. a. zum Unfallhergang aus, beim Absprung sei es zu einem Sturz auf die Stange mit anschließendem großen Schmerzempfinden gekommen.
Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Schulleiter des von dem Kläger besuchten Gymnasiums mit, laut Schilderung des Sportlehrers müsse sich der Kläger die Verletzung bei der Ausführung des Stemmschrittes vor dem Absprung zugezogen haben. Daraufhin sei er gestürzt.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. L. vom Institut für ärztliche Begutachtung D. vom 15. März 2004 ein, der ausführte, die Bewegung und Kraftanstrengung des Klägers vor dem Ereignis sei nicht bestimmungswidrig und unphysiologisch abgelaufen. In jedem Falle wäre die versicherte Tätigkeit nicht wesentlich teilursächlich für den Gesundheitsschaden. Allein wesentlich seien die Schadensanlagen anzusehen. Ob es sich dabei um eine Osgood Schlatter‚sche Erkrankung handle, sei den Unfallakten nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit der am 7. Mai 2004 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger die Anerkennung des Ereignisses vom 5. Dezember 2003 als Arbeitsunfall weiter verfolgt. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts vom 18. Januar 2007 hat er ausgeführt, er habe zum damaligen Zeitpunkt keine Leichtathletiksportart mit Hochsprung ausgeübt. Im Schulunterricht habe er die Technik des Hochsprunges als "Flop" gelernt und seit einem Jahr vor dem Unfall trainiert. Der Wettkampf habe mit einer Erwärmung von circa 30 Minuten begonnen. Danach habe er mindestens schon einen Sprung absolviert gehabt, bevor das schädigende Ereignis eingetreten sei. Bei dem Sprung sei er von der linken Seite - wie auch sonst - in einem Halbkreis Richtung Hochsprunganlage gelaufen. Um über die Latte zu springen, habe er einen Stemmschritt mit dem rechten Bein vollführen und mit diesem die Bewegung des Körpers nach oben über die Stange vornehmen müssen. Dabei habe er ein Knacken im rechten Kniegelenk vernommen. Aufgrund des Knackens habe er den Sprung nicht mehr ausgeführt. Vielmehr sei er rückwärts gegen die Matte der Sprunganlage gefallen. Anschließend sei er auf dem Fußboden zu liegen gekommen...