Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch einer als Flüchtling in die Bundesrepublik aufgenommenen Frau auf Rentenzahlung gegen einen bundesdeutschen Rentenversicherungsträger
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf eine Rente wegen Alters.
Die im September 1933 in der Hauptstadt des heutigen Staates Moldawien, K. geborene Klägerin verließ ihren Heimatstaat im Jahre 1992 und wurde nach einer Bescheinigung des Landkreises Eisleben vom 17. September 1992 als Flüchtling im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge vom 22. Juli 1980 in die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen.
Am 3. März 1993 beantragte sie bei der LVA Sachsen-Anhalt eine Altersrente für Frauen. Zuvor hatte sie nach ihren Angaben in Moldawien eine Altersrente bezogen. In einem Fragebogen gab die Klägerin unter dem 9. Juli 1993 u. a. an, weder anerkannte Vertriebene im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes zu sein noch als vertriebene Verfolgte oder Angehörige des Judentums dem deutschen Sprach- und Kulturkreis gehört zu haben.
Mit Bescheid vom 24. September 1993 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie rührte aus, das Sozialversicherungsabkommen zwischen der DDR und der UdSSR vom 24. Mai 1960 sei zum 31. Dezember 1992 ausgelaufen. Die darin vorgesehenen Übergangsvorschriften könnten auf die Klägerin keine Anwendung finden. Da sie nach Vollendung des 60. Lebensjahres im September 1993 erst vom 1. Oktober 1993 an anspruchsberechtigt sein könne, sei bis zum 31. Dezember 1992 kein Rentenanspruch entstanden. Ein bis zum 31. Dezember 1995 entstehender Rentenanspruch könne in ihrem Fall keine Berücksichtigung finden, da sie am 2. Oktober 1990 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet gehabt habe. Eine Zugehörigkeit zu den Personenkreisen des § 1 des Fremdrentengesetzes (FRG), des § 17 a FRG bzw. des § 20 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) bestehe nicht, weil die Klägerin die Zugehörigkeit zu den davon betroffenen Personenkreisen selbst verneint habe. Mit dem am 11. Oktober 1993 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Fragestellungen in dem von ihr ausgefüllten Fragebogen in ihrer Bedeutung nicht erkannt zu haben. Denn sie habe als Angehörige des Judentums früher dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört. So habe ihr nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik verstorbener Ehemann die deutsche Sprache beherrscht. Sie gehöre dem Judentum an, wie sich aus ihrer Aufnahmeurkunde in die Jüdische Gemeinde zu H. vom 25. Mai 1993 ergebe. In ihrem früheren Lebensbereich habe sie immer mit den deutschen Familien Freundschaft gehalten. Wie aus der Bestätigung einer Krankenschwester vom 30. Dezember 1993 folge, habe ihr verstorbener Ehemann sich während eines Krankenhausaufenthaltes vom September 1992 bis zum Februar 1993 mit den Schwestern, Ärzten und Patienten in deutscher Sprache unterhalten. Weiterhin teilte sie auf die Übersendung eines Fragebogens durch die Beklagte mit, ihre Muttersprache sei jüdisch. Persönlich habe sie sich der jüdischen und deutschen Sprache bedient. Die allgemeine Umgangssprache, die sie im Berufsleben habe gebrauchen müssen, sei russisch gewesen. In der von ihr bis 1952 besuchten Mittelschule habe sie ein Jahr französischen und zwei Jahre deutschen Unterricht erhalten. Die Muttersprache beider im Jahre 1900 geborenen Eltern sei ebenfalls jüdisch gewesen. Der persönliche Sprachgebrauch in der Familie habe überwiegend in jüdisch und deutsch bestanden. Auch im Zusammenleben mit ihrem Ehemann habe sie überwiegend jüdisch und deutsch gesprochen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 1994 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Sie rührte aus, die Klägerin habe keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten zurückgelegt. Da sämtliche Beschäftigungszeiten in der UdSSR zurückgelegt worden seien, sei die Anerkennung nur bei der Zugehörigkeit zum Personenkreis der §§ 1 FRG, 17 a FRG und 20 WGSVG möglich. Dem Personenkreis des § 1 FRG gehöre die Klägerin nicht an, weil sie weder als Vertriebene anerkannt sei noch die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers genieße; weitere Sonderfälle des § 1 FRG beträfen sie offensichtlich nicht. § 17 a FRG sei auf sie nicht anzuwenden, weil sie nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört habe. In dem von ihr bewohnten Gebiet mit einem geringen deutschsprachigen oder nur fremdsprachigen Bevölkerungsanteil hätten die Juden eine nationale Minderheit mit ihrer eigenen, jiddischen Sprache gebildet. Dort sei Deutsch allenfalls als Bildungssprache, nicht aber überwiegend im persönlichen B...