Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. GdB von 50. Wirbelsäulenschäden. somatoforme Schmerzstörung. Therapieintensität. Hörminderung. Knieerkrankung. Bildung eines Gesamt-GdB
Orientierungssatz
1. Für die Frage, ob die Auswirkungen der somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 20 oder 30 bewertet werden können, hält der Senat die jeweilige Therapieintensität für bedeutsam. Wird eine medikamentöse Behandlung erforderlich, spricht dies eher für eine nachhaltige Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit.
2. Zur Feststellung des Grads der Behinderung nach den in der Anlage zu § 2 VersMedV geregelten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B Nr 3.7 (psychische Störung), Teil B Nr 18.9 (Wirbelsäulenschäden), Teil B Nr 5.2 (Hörverlust) und Teil B Nr 18.14 (Schäden der unteren Gliedmaßen) sowie zur Bildung eines Gesamt-GdB.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).
Der am ... 1954 geborene Kläger beantragte erstmals am 14. Oktober 1994 beim Beklagten die Feststellung von Behinderungen. Der Beklagte zog einen Befundbericht von der Fachärztin für HNO Dr. M. bei. Hiernach bestehe beim Kläger eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits bei einer berufsbedingten Lärmbelastung. Der Versorgungsarzt des Beklagten Sanitätsrat Dr. R. untersuchte den Kläger am 22. November 1994 und stellte fest: Der Kläger habe Rückenschmerzen seit seiner Lehrzeit und Hörprobleme angegeben. Die Wirbelsäule sowie die Gelenke seien frei beweglich. Beim Kläger bestehe eine mittelgradige Hörminderung. Er könne laute Umgangssprache verstehen. Als wertungsbeachtliche Diagnosen seien eine Hörminderung beidseits (Einzel-GdB 30) und ein degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Nerven- und Wurzelreizzuständen (Einzel-GdB 20) vorhanden, die einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 22. November 1994 einen GdB von 40 fest. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 1995).
Am 13. November 1995 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag und begründete dies mit einer chronischen Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung) und einer chronischen Atemwegserkrankung. Nach medizinischen Ermittlungen des Beklagten wertete die Versorgungsärztin B. die Befunde aus und hielt als neue Erkrankungen eine chronische Bronchitis (Einzel-GdB 20) sowie eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung (Einzel-GdB 10) für nachgewiesen. Dies rechtfertige zusammenfassend einen Gesamt-GdB von 50. Dem folgend hob der Beklagte den Bescheid vom 22. November 1994 auf (Bescheid vom 7. Februar 1996) und stellte mit Wirkung zum 13. November 1995 einen GdB von 50 fest.
Am 4. März 1998 beantragte der Kläger erneut eine Neufeststellung, verlangte neben einem höheren GdB das Merkzeichen "G" (erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfreiheit im Straßenverkehr) und führte zur Begründung aus: Aufgrund der Verkürzung des rechten Beins habe er eine Gehbehinderung sowie Beschwerden im rechten Knie. Zudem bestünden Gleichgewichtsstörungen, rheumatische Beschwerden der Gelenke und eine schmerzhafte Degeneration des rechten Ellenbogens mit Ausstrahlungen in die Hand sowie ein Asthmaleiden. Die Fachärztin für Orthopädie Dr. K. hat angegeben, seit November 1996 sei es beim Kläger zu einer Zunahme der Beschwerden gekommen, wobei es hierfür kein organisches Korrelat gebe. Der Internist Dipl.-Med. B. gab an, der Kläger habe keine Gehbehinderung. In einem beigefügten Befundbogen berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. M. über einen Röntgenbildbefund aus dem Jahr 1994. Hiernach leide der Kläger an der Lendenwirbelsäule an einer deutlichen Osteochondrose am lumbosakralen Übergang. Die Halswirbelsäule zeige eine ausgeprägte Steilstellung sowie eine Osteochondrose. Dr. J. teilte am 10. Januar 1994 mit, der Kläger zeige ein psychisch auffälliges Verhalten (verlangsamt, kein gezieltes Beantworten der Fragen). Dr. M. gab einen chronischen Tinnitus, eine chronische Rhinitis sowie eine beidseitige Lärmschwerhörigkeit an. Der Versorgungsarzt des Beklagten Medizinalrat Dr. S. wertete die Befunde aus. Aus dem vorgelegten Sprachaudiogramm ergebe sich eine Hörbehinderung, die mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Neue Erkenntnisse über Gesundheitsstörungen im Stütz- und Bewegungssystem lägen nicht vor. Die psychoreaktive Gesundheitsstörung sei mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Der bisherige Gesamt-GdB von 50 sei zutreffend und das Merkzeichen "G" nicht festzustellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 1996 änderte der Beklagte den Bescheid vom 7. Februar 1996 ab und stellte als Behinderungen fest:
Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mit Auswirkungen auf das rechte Bein,
Hörminderung beidseits,
psychoreaktive Gesundheitsstörungen,
Lungenfunktionsstörung bei chronischer Bronchitis,
Atembeschwerden bei chroni...