Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistung. Feststellung des Fortbestehens einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung. Mehraufwand. Kosten für eine Zeitfahrkarte. Hilfsantrag. Leistungsklage. Klageerweiterung. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. rechtsgrundlose Leistung. öffentlich-rechtliche Regelung der Maßnahme. Vermögensverschiebung. Arbeitsleistung. Zusätzlichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Arbeitsgelegenheit besteht ein Anspruch auf Mehraufwandsentschädigung nur für einen tatsächlich angefallenen Mehraufwand. Ein solcher kann ausnahmsweise auch für Zeiträume anzunehmen sein, in denen zB aufgrund von Krankheit keine Arbeit verrichtet wird. Das setzt voraus, dass ein bereits vor der Krankheit angefallener Aufwand fortwirkt, etwa in Form von Kosten einer bereits angeschafften Zeitfahrkarte (Anschluss an LSG Halle vom 24.5.2012 - L 2 AS 397/10).
2. Eine Klageerweiterung im Berufungsverfahren setzt eine zulässige Berufung voraus. Die Klageänderung darf nicht dazu führen, dass der Klagegegenstand völlig ausgetauscht wird und die Berufung nur noch den neuen Anspruch betrifft (vgl BGH vom 11.10.2000 - VIII ZR 321/99 = NJW 2001, 226).
3. Rechtsgrund für die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit erbrachte Arbeitsleistung kann eine Eingliederungsvereinbarung oder ein Verwaltungsakt sein, nicht aber eine Vereinbarung zwischen dem Leistungsbezieher und dem Maßnahmeträger.
4. Die Arbeitsleistung im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit stellt jedenfalls dann eine Mehrung fremden Vermögens dar, wenn es an der Voraussetzung der Zusätzlichkeit fehlt (vgl BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R = BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7 und vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R = BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9). Daran fehlt es, wenn vorrangiges Ziel der Maßnahme die Förderung des Leistungsbeziehers ist und das Arbeitsergebnis nur ein "Abfallprodukt" darstellt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 372,69 EUR wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Fortbestehens einer Arbeitsgelegenheit, hilfsweise Wertersatz für von ihr erbrachte Arbeitsleistung.
Die 1968 geborene Klägerin bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) von der Rechtsvorgängerin des Beigeladenen, der Jobcenter Arbeitsgemeinschaft M. GmbH (im Folgenden: ARGE). Aufgrund eines Vermittlungsvorschlags der ARGE nahm sie ab 4. Juni 2007 eine Arbeitsgelegenheit als Näherin bei der Beklagten wahr, einer gemeinnützigen GmbH, die verschiedene Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführt.
Dieser Arbeitsgelegenheit lag ein Bewilligungsbescheid der ARGE an die Beklagte vom 1. Juni 2007 zugrunde. Damit wurde der Beklagten die Förderung der "Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung - Zusatzjobs" für insgesamt 30 Teilnehmer bewilligt. Diese sollten in der Maßnahme "Unterstützung der didaktisch methodischen Arbeit des Vereins K e.V. durch die Herstellung von Spiel-, Lern- und Arbeitsmaterialien" eingesetzt werden. Ihre Tätigkeit sollte darin bestehen, verschiedene Gegenstände zu fertigen (Lernpuppen, Liegepolsterschränke, Krabbelpodeste, Matschbeckentisch usw.), die zur Verbesserung der Lebens-, Lern- und Spielbedingungen in einer von dem Verein betriebenen Kindertagesstätte dienen sollten. Die Teilnehmer sollten dabei in verschiedenen Teilbereichen eingesetzt werden. Unter anderem war der Einsatz von sechs Teilnehmern als "Näherinnen, Textilfacharbeiter, Maßschneider" vorgesehen. Zugangsvoraussetzung sollten "elementare Grundkenntnisse im Schneiderhandwerk" sein.
Ausweislich der Projektbeschreibung, die der Bewilligungsentscheidung zugrunde lag, wurden die herzustellenden Gegenstände nicht zur Erfüllung von Pflichtaufgaben des Vereins benötigt; vielmehr werde eine freiwillige Verbesserung der didaktischen Arbeit bezweckt. Dem Förderantrag lag eine Erklärung des Vereins K e.V. bei, wonach sich bei seiner bisherigen Arbeit u.a. der Einsatz der von der Beklagten in ihrer Arbeitsmarktorientierten Lernfabrik hergestellten Lernpuppen sehr bewährt hatte. Dem Verein fehlten aber die finanziellen Mittel, um weitere Lernmaterialien entgeltlich anzuschaffen. Es wurde versichert, dass die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Produkte ausschließlich für gemeinnützige Zwecke eingesetzt und nicht veräußert würden. Weiter lag dem Förderantrag eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Kreishandwerkerschaft M. bei. Diese bestätigte, dass gegen die Maßnahme keine Einwände bestünden, solange es sich um Arbeiten handele, wie im Antrag ausgeführt. Eine...