Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Allein aus der Erwartung eines streitigen und ggf langwierigen Scheidungsverfahrens kann nicht geschlossen werden, dass auf einen Ehegatten sittenwidriger Druck ausgeübt worden ist und deshalb der Verschuldensausspruch des Scheidungsurteils bei der Prüfung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrente an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten unbeachtlich ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.08.2020; Aktenzeichen B 13 R 117/19 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht im dritten Überprüfungsverfahren gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) erneut einen Anspruch auf Gewährung von Rente an geschiedene Ehegatten gemäß § 243 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (Gesetzliche Renten-versicherung - SGB VI) geltend.

Die am ... 1937 geborene Klägerin war seit dem ... 1960 mit dem am ... 1913 geborenen und am ... 1992 verstorbenen J. Z. (im Folgenden: Versicherter) verheiratet. Aus der Ehe ging der am ... 1960 geborene H. Z. (im Folgenden: Sohn) hervor. Die Ehe wurde durch das - selbst nicht aktenkundige - Urteil des Landgerichts B. vom ... 1966 ( ... R .../ ...) aus Alleinschuld der Klägerin geschieden. Dies ergibt sich aus dem Beschluss des Amtsgerichts B. vom ...1966 ( ... X .../ ...). In diesem Beschluss übertrug das Amtsgericht der Klägerin gemäß § 1671 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die elterliche Gewalt für den gemeinsamen Sohn. Dies entsprach den Anträgen der Klägerin und des Versicherten. In dem Beschluss wurde ausgeführt: "Nach den Ermittlungen des Jugendamtes wird das Kind von der Mutter, obwohl sie berufstätig ist, gut versorgt. Außerdem ist der Vater selbst der Überzeugung, dass die Mutter das Kind gut erziehen und betreuen wird. Es liegen daher schwerwiegende Gründe im Sinne des § 1671 BGB vor, ausnahmsweise dem schuldigen Elternteil die elterliche Gewalt zu übertragen."

Am 15. Mai 1992 beantragte die Klägerin erstmals Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen geschiedenen Ehemannes. In diesem Zusammenhang forderte die Beklagte die Klägerin insbesondere auf, das Scheidungs- bzw. Unterhaltsurteil vorzulegen. Nachfolgend übersandte diese jedoch lediglich den o.g. Beschluss des Amtsgerichts B. vom ...1966. Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Oktober 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 1993 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht D. mit Urteil vom ...1995 ab. Die dagegen erhobene Berufung war erfolglos (Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen vom ...1996). Das dortige LSG führte aus, das Sozialgericht habe mit überzeugender Begründung herausgestellt, dass der Versicherte der Klägerin nicht zum Unterhalt verpflichtet gewesen sei und er ihr im maßgeblichen Zeitraum auch tatsächlich keinen Unterhalt in rechtlich relevanter Höhe gezahlt habe. Ergänzend wies das LSG darauf hin, dass sich die Klägerin insbesondere nicht erfolgreich auf die Zeugenaussagen ihres Sohnes und der Eheleute K. berufen könne. Daraus lasse sich nämlich keineswegs herleiten, dass ihr der Versicherte regelmäßig monatlich 150,00 DM bis 200,00 DM an Unterhalt geleistet habe. Denn der Sohn habe ausdrücklich erklärt, dass er sich nicht an die Höhe der vom Vater an seine Mutter übergebenen Geldbeträge erinnern könne und nur vom Hörensagen wisse, dass die Geldübergaben wohl regelmäßig erfolgt seien. Und die Zeugen K. hätten lediglich bestätigt, dass der Versicherte der Klägerin Geld gegeben habe; über die Höhe, die Anzahl und die Zweckbestimmung dieser Geldzuwendungen hätten sie jedoch ebenfalls nichts sagen können. Darüber hinaus spreche gegen eine regelmäßige Unterhaltszahlung des Versicherten, dass er gemäß den übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des Sohnes zur Zeit seines Todes überschuldet gewesen sei und monatliche Tilgungsraten von 300,00 DM bis 400,00 DM habe leisten müssen. Wenn er dann noch von seinem letzten Monatseinkommen in Höhe von 1.420,62 DM regelmäßig einen Unterhalt von monatlich 150,00 DM bis 200,00 DM gezahlt hätte, wären ihm nur ca. 850,00 DM bis 900,00 DM verblieben, wogegen die Klägerin nach ihren eigenen Angaben zu dieser Zeit über ein Monatseinkommen von ca. 1.000,00 DM verfügt habe. Schließlich lasse sich auch durch die von der Klägerin vorgelegten Quittungen nicht nachweisen, dass sie im maßgeblichen Zeitraum von April 1991 bis März 1992 regelmäßig und in rechtlich relevantem Umfang Unterhalt von dem Versicherten erhalten habe. Denn danach seien in dieser Zeit lediglich 200,00 DM im November 1991 und weitere 200,00 DM im Februar 1992 an sie geleistet worden. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Am 10. Dezember 2002 sprach die Klägerin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten i...

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