Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur in der DDR als rentensteigernde Zeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur in der DDR sind nicht als rentensteigernde Zeiten bei der Bemessung der Regelaltersrente auf Grund des SGB 6 zu berücksichtigen. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Orientierungssatz

Zur verfassungsrechtlichen Auslegung vgl BVerfG vom 30.8.2000 - 1 BvR 319/98 = SozR 3-2600 § 248 Nr 6.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 29. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zeit vom 01. Oktober 1983 bis zum 30. September 1986 als Beitragszeit, hilfsweise als Anrechnungszeit.

Der am ... 1947 geborene Kläger erwarb in der Zeit vom 01. September 1966 bis zum 31. Juli 1969 einen Studienabschluss an der Ingenieurschule Wismar. Anschließend war er zunächst als Konstrukteur tätig und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für die Ö.- und M.-industrie in M. Ab dem 01. Januar 1983 war er dort als Bereichsleiter beschäftigt. Im streitigen Zeitraum vom 01. Oktober 1983 bis zum 30. September 1986 war er Aspirant an der Technischen Hochschule ... in M. Im Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) des Klägers wurde für diesen Zeitraum vermerkt, dass er Stipendienempfänger war. Ausweislich des Delegierungsschreibens vom 22. Dezember 1982 sollte er in der Zeit seiner Aspirantur eine konkret benannte wissenschaftliche Aufgabe lösen. Hierzu sollte er gemäß dem Forschungsvertrag mit dem Institut für die Ö-und M.-industrie M. an der Technischen Hochschule ... M. in die kollektive Bearbeitung integriert werden. Darüber hinaus sollte seine Qualifizierung als Wissenschaftler und Leitungskader vervollständigt und abgeschlossen werden.

Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 stellte die Beklagte den Versicherungsverlauf des Klägers nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) fest. Seine Zeit der wissenschaftlichen Aspirantur berücksichtigte sie weder als Beitragszeit noch als Anrechnungszeit. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass diese Zeit keine Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sei, da vorher bereits ein abgeschlossenes Studium absolviert worden sei. Hiergegen legte der Kläger am 09. Februar 2011 Widerspruch mit der Begründung ein, dass es sich um eine Delegierung an die Hochschule gehandelt habe. Während der Delegierungszeit habe er eine Forschungsaufgabe für die Industrie gelöst. Der Erwerb des Doktortitels sei lediglich ein Nebenprodukt gewesen. Insofern habe es sich eben nicht um eine Hochschulausbildung, sondern vielmehr um eine Arbeitsplatzverlagerung gehandelt. Er sei in dieser Zeit kein Student gewesen. Er habe an keinen Hochschulveranstaltungen teilgenommen, sondern nur seine bisherige Tätigkeit an einem anderen, besser ausgestatteten Arbeitsplatz fortgesetzt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück. Das Forschungsstudium des Klägers habe eine akademische Form der Begabtenförderung dargestellt. Hierfür habe er ein Stipendium erhalten. Für Stipendienempfänger seien keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten gewesen. Insoweit stelle dieser Zeitraum keine Beitragszeit dar. Eine Anerkennung als Anrechnungszeit könne ebenfalls nicht erfolgen, da Zeiten der Hochschulausbildung nur dann als Anrechnungszeit gälten, wenn während dieses Zeitraums eine Immatrikulation als Student an einer Hochschule mit einem geregelten Ausbildungsgang vorgelegen habe.

Der Kläger hat gegen die Entscheidung der Beklagten am 06. April 2011 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Er sei während des streitigen Zeitraums kein Forschungsstudent gewesen. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Februar 2012 abgewiesen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2004 - L 6 RA 127/97 - hat das SG ausgeführt, dass die Zeit einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur weder als Beitragszeit noch als Anrechnungszeit Berücksichtigung finden könne.

Gegen den am 08. März 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10. März 2012 Berufung beim SG eingelegt, welche an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden ist. Die Technische Hochschule M. sei beauftragt worden, neue technische Lösungen für die Bleichung von Pflanzenölen zu entwickeln. An der Hochschule seien zwar die wissenschaftlichen Voraussetzungen gegeben gewesen, aber es habe am geeigneten Fachpersonal gemangelt. Aus diesem Grund sei er als Fachmann an die Hochschule delegiert worden. Die Aspirantur sei als Delegierungsform gewählt worden, weil dies als der einzig gangbare Weg erschienen sei. Die Aspirantenordnung sei bei ihm nicht anzuwenden,...

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