Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Versorgungsansprüche aus einem Zusatzversorgungsystem der ehemaligen DDR

 

Orientierungssatz

1. Durch § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG wird keine rechtliche Erweiterung des Personenkreises vorgenommen, der potenziell in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz der DDR einbezogen war (Abweichung von BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 31/01 R). Vielmehr kommen auch nach heutigem Recht nur solche Personen als Versorgungsberechtigte in Betracht, für die tatsächlich eine Versorgungszusage vor dem gesetzlichen Stichtag bestand.

2. Ein Volkseigener Betrieb (VEB) der Gebäudewirtschaft war kein Produktionsbetrieb bzw. Baubetrieb im Sinne des Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in der früheren DDR, so dass die Tätigkeit eines Ingenieurs in einem solchen Betrieb (hier: Ingenieur für Wärmetechnik) keine Anwartschaft auf eine Zusatzrente begründet. Das gilt auch dann, wenn innerhalb des VEB Gebäudewirtschaft ein unselbständiger Betriebsteil mit der Erstellung von baulichen Anlagen (hier: Fernwärmeanlagen) befasst war, da es insoweit für die Beurteilung der Betriebseigenschaft auf den Betrieb des Arbeitgebers ankommt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 07. April 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.

Der am 1947 geborene Kläger ist ausweislich der Urkunde der Ingenieurschule für Energiewirtschaft M. vom Juli 1980 berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Fachrichtung Wärmetechnik zu führen. Mit dieser Qualifikation war er beim VEB Gebäudewirtschaft W. als Abteilungsleiter W., ab 1981 als Abteilungsleiter F. sowie ab 1982 bis über den 30. Juni 1990 hinaus als Abteilungsleiter W. tätig. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete der Kläger vom 01. März 1986 bis zum 30. Juni 1990. Eine schriftliche Versorgungszusage erhielt er zur Zeit der DDR nicht.

Am 10. Oktober 2007 beantragte der Kläger die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech). Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2007 mit der Begründung ab, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Am 31. Dezember 2007 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Er fügte eine Zeugenerklärung des ehemaligen Betriebsdirektors des VEB Gebäudewirtschaft W., E. S., vom 15. November 2007 bei. Mit Bescheid vom 17. Januar 2008 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Dagegen legte der Kläger am 06. Februar 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er sei im umstrittenen Zeitraum in einem gleichgestellten Betrieb unter dem Gesichtspunkt eines Versorgungsbetriebes (Gas, Wasser, Energie) tätig gewesen. Denn er sei ausschließlich im Betriebsteil Fernwärme beschäftigt gewesen. Insoweit habe es sich um einen Energieversorgungsbetrieb gehandelt. Dieser Energieversorger habe kurz vor seiner Privatisierung über elf Gaskessel verfügt und im Jahre 1987 eine Erzeugerleistung von 66,1 MWh - mit steigender Tendenz - erbracht. Damit seien Wohngebäude, Schulen, Kindergärten, gewerbliche und städtische Einrichtungen, Gesundheitswesen, Handel, Objekte der Energieversorger, Feuerwehr, Polizei und Nationale Volksarmee versorgt worden. Ausschließlich hiermit sei er befasst gewesen. Es sei der historischen Entwicklung geschuldet, dass es sich um einen Betriebsteil des VEB Gebäudewirtschaft W. gehandelt habe. Anfänglich habe der VEB Gebäudewirtschaft W. nämlich dezentrale Kohleheizhäuser zur Deckung des Eigenbedarfs unterhalten. Es sei ein historischer Zufall gewesen, dass der Fernwärmeerzeugnisbetrieb in der DDR keine juristische Selbständigkeit mehr erlangt habe. Der Tatsache eines eigenen, in sich geschlossenen Reproduktionsprozesses sei jedoch dadurch ausdrücklich Rechnung getragen worden, dass eine Erhebung in den Rang eines Betriebsteils erfolgt sei, der von einem Betriebsteildirektor geleitet worden sei. Diese Konstellation weise in tatsächlicher Hinsicht eine Einmaligkeit auf. Im Übrigen sei zu differenzieren zwischen dem ingenieurtechnischen Personal, welches im VEB Gebäudewirtschaft W. außerhalb des Betriebsteils Fernwärme beschäftigt gewesen sei und dem ingenieurtechnischen Personal, welches - wie er - aussc...

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