Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschluss-Arbeitslosenhilfe. Bemessungsentgelt. Herabbemessung aufgrund gesundheitlicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Teilnahme an einer Umschulung. Korrektur der Herabbemessung
Orientierungssatz
1. Nach § 136 Abs 2 S 2 AFG und § 200 Abs 2 S 1 SGB 3 ist das Bemessungsentgelt nur solange zu mindern, wie der Arbeitslose das frühere Bemessungsentgelt nicht mehr erzielen kann. Da bei der Herabbemessung alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind, muss jede für die Neubewertung relevante Änderung der persönlichen Gründe zu einer Korrektur der Herabbemessung führen.
2. Haben die gesundheitlichen Einschränkungen des Arbeitslosen nach der erfolgreichen Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme ihre berufliche Relevanz insofern verloren, als sie im neuen Umschulungsberuf die Verdienstmöglichkeiten nicht mehr mindern, so muss von dem vor der Herabbemessung maßgeblichen Bemessungsentgelt ausgegangen werden und der Arbeitslose so gestellt werden, als wäre das Bemessungsentgelt nie herabgesetzt worden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Arbeitslosenhilfe, die der Kläger seit 7. Oktober 1999 bezieht.
Der ... 1969 geborene Kläger meldete sich am 5. Juni 1991 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 1. Juli 1991. Er war vorher vom 1. September 1986 bis 30. Juni 1991 als Werkzeugmacher beschäftigt gewesen. Die Beklagte gab dem Antrag statt. Der Kläger bezog Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 420,00 DM in Höhe von 191,40 DM wöchentlich für die Zeit vom 1. Juli bis 29. August 1991. Vom 30. August 1991 bis 12. März 1992 erhielt er wegen der Teilnahme an einer Maßnahme "Programm und Bedienung von CNC-Maschinen" Unterhaltsgeld, anschließend wiederum Arbeitslosengeld. Vom 1. September 1992 bis 30. Juni 1994 wurde er zum Zimmerer umgeschult und erhielt Unterhaltsgeld. Vom 1. Juli 1994 bis 29. Juni 1995 bezog der Kläger wiederum Arbeitslosengeld, zuletzt nach einem Bemessungsentgelt von 830,00 DM.
Der anschließenden Arbeitslosenhilfe legte die Beklagte ein Bemessungsentgelt von 790,00 DM wöchentlich zugrunde, weil seit dem Ende des Bemessungszeitraums mehr als drei Jahre vergangen waren. Bei der Festlegung des Bemessungsentgelts ging sie davon aus, dass der Kläger eine Beschäftigung im Bauhauptgewerbe Leistungsgruppe IV mit einem Stundenlohn von 20,22 DM bei 39 Wochenstunden ausüben könne (788,58 DM).
Die Beklagte veranlasste ein ärztliches Gutachten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin - Betriebsmedizin - R. M kam im Gutachten vom 27. Februar 1996 zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht höhentauglich und deshalb als Zimmerer ungeeignet; er könne wegen einer Einschränkung des räumlichen Sehens keine Arbeiten, die mit erhöhter Verletzungsgefahr und mit schwerem Heben und Tragen verbunden sind, verrichten. Er könne überwiegend leichte Arbeiten und gelegentlich mittelschwere Arbeiten ausführen. Die Leitende Ärztin der Beklagten, Dr. U, vertrat dagegen am 13. März 1996 die Ansicht, das räumliche Sehen sei eingeschränkt möglich, weil die Einschränkung des Stereosehens seit Geburt bestehe und der Kläger sich sehr gut daran angepasst habe. Die eingeschränkte Höhentauglichkeit beziehe sich insbesondere auf die subjektiv angegebene Höhenangst. Der Kläger könne überwiegend mittelschwere Arbeiten verrichten; nur Arbeiten mit extremem Absturzrisiko könnten ihm nicht zugemutet werden. Als Werkzeugmacher könne er uneingeschränkt arbeiten. Eine Reha-Maßnahme sei nicht notwendig.
Mit Bescheid vom 9. Mai 1996 setzte die Beklagte die Arbeitslosenhilfe ab 2. Mai 1996 mit wöchentlich 193,80 DM fest, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen das der Bemessung bisher zugrunde liegende Arbeitsentgelt nicht mehr erzielen könne. Er könne als Bürohelfer arbeiten und nach dem Tarifvertrag der IG Metall monatlich 2.218,00 DM verdienen; daraus ergebe sich ein Bemessungsentgelt von 511,85 DM, abgerundet 510,00 DM wöchentlich. Der Kläger erhob Widerspruch und erklärte zugleich, er wolle nicht mehr als Werkzeugmacher arbeiten. Mit Bescheid vom 21. November 1996 hob die Beklagte die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 2. Mai 1996 teilweise auf und forderte die Rückzahlung eines Betrages von 55,50 DM. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1996 zurück. Der Kläger bezog bis zum 4. November 1997 Arbeitslosenhilfe, zuletzt nach einem Bemessungsentgelt von 490,00 DM.
Vom 6. November 1997 bis zum 8. Juli 1999 erhielt der Kläger während einer Umschulung zum Versicherungskaufmann Unterhaltsgeld und bis zum 6. Oktober 1999 Anschlussunterhaltsgeld. Das Anschlussunterhaltsgeld wurde unter Berücksichtigung des Umschulungsberufes nach dem Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe mit 3.418 DM monatlich bei einer 38-Stunden-Woche mit einem Bemessungsentgelt von 790,00 DM berechnet und in Höhe von 294,42 DM gezahlt (Bescheid vom 12. August 1999).
Am 5. Oktober 1999 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Zahlung...