Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegen die Krankenkasse. kein Zahlungsanspruch durch Kostenzusage. freier Gestaltungsrahmen der Krankenkasse zur Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von vollstationärer Krankenhausbehandlung. keine gesonderte Darlegungs- und Beweislast der Krankenkasse nach der Entscheidung des Großen Senats des BSG. Einwendungsausschluss nur nach schwerwiegenden Verletzungen des Prüfungsverfahrens. Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen nur durch den Medizinischen Dienst. kein Rechtsmissbrauch bei eigenen Pflichtverletzungen

 

Orientierungssatz

1. Eine vorbehaltlose Kostenzusage einer Krankenkasse über eine stationäre Aufnahme eines Versicherten führt nicht zu einem eigenen Anspruch aus einem sog konstitutiven Schuldanerkenntnis (vgl BSG vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr 2).

2. Der Krankenkasse steht ein freier Gestaltungsrahmen zu, ob und in welcher Form sie Einwendungen gegen die Abrechnung stationärer Krankenhausleistungen erheben will. Ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Krankenhauses kann daher nicht aus einer Pflegesatzvereinbarung abgeleitet werden, die eine Regelung zur Fälligkeit der Krankenhausforderung enthält (vgl BSG vom 28.5.2003 - B 3 KR 10/02 R = SozR 4-2500 § 109 Nr 1, vom 22.7.2004 - B 3 KR 20/03 R = SozR 4-2500 § 112 Nr 3, vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R, aaO und vom 12.5.2005 - B 3 KR 30/04 R = SozR 4-5565 § 14 Nr 9).

3. Nach der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25.9.2007 - GS 1/06 kann nicht mehr von einer Einschätzungsprärogative des behandelnden Krankenhausarztes und damit auch nicht mehr von einer gesonderten Darlegungs- und Beweislast sowie einer qualifizierten Substantiierungslast von Einwendungen zu Lasten der Krankenkasse in Krankenhausabrechnungsfällen ausgegangen werden.

4. Nur sehr schwerwiegende Verletzungen des Prüfungsverfahrens können ausnahmsweise einen Einwendungsausschluss über eine analoge Anwendung des § 242 BGB rechtfertigen, wenn die Grenze des Rechtsmissbrauchs überschritten ist (vgl BSG vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R, aaO).

5. Eine Krankenkasse kann die für die Überprüfung einer Krankenhausabrechnung ggf erforderliche Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen der Versicherten gegenüber dem Krankenhaus nicht verlangen (vgl BSG vom 28.5.2003 - B 3 KR 10/02 R, aaO). Sie ist insoweit auf ein Tätigwerden des Medizinischen Dienstes angewiesen.

6. Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgedanken, die Rechtsfolgen eines Rechtsmissbrauchs regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn dem Inhaber der jeweiligen Rechtsposition keine eigenen Pflichtverletzungen oder ein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen B 1 KN 3/08 KR R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beider Instanzen wird auf 687,02 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin weitere 687,02 € für die stationäre Behandlung des Patienten J K während der Zeit vom 16. Februar 2001 bis 5. März 2001 zu zahlen hat.

Die Klägerin ist Trägerin des G-A-Klinikums Zeitz, dass in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der 1926 geborene J K (im Folgenden: der Versicherte), war im Jahr 2001 bei der Beklagten krankenversichert. Nach einer Verordnung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Friedrich vom 16. Februar 2001 wurde er vom 16. Februar 2001 bis zum 5. März 2001 wegen des Verdachts auf einen rechtsseitigen Bauchtumor im Klinikum der Klägerin stationär behandelt. Die Beklagte erteilte darüber eine schriftliche Kostenzusage, die u. a. lautete:

"die Bundesknappschaft übernimmt vom 16. Februar 2001 an die Kosten der medizinisch notwendigen vollstationären Krankenhausbehandlung/stationären Entbindung in Höhe der allgemeinen Krankenhausleistungen. Diese Kostenzusage gilt für die ärztlicherseits als medizinisch notwendig angesehene Verweildauer. Wir behalten uns eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung vor."

Am 15. März 2001 rechnete die Klägerin die Behandlung bis zum Sonntag, den 4. März 2001 in Höhe von 3.771,44 € ab. Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 10. April 2004 gegen diese Abrechnung und machte geltend: Die Krankenhausbehandlung des Versicherten sei ab dem 2. März 2001 nicht mehr nachvollziehbar und bedürfe einer detaillierten medizinischen Begründung bzw. der Übersendung aussagefähiger Unterlagen. Nach Eingang der Antwort werde der Sozialmedizinische Dienst (SMD) eingeschaltet. Der Behandlungsfall sei daher nur in Höhe von 3.084,42 € zu vergüten und die Behandlung für den 3. März 2001 bis 4. März 2001 nicht erforderlich.

Am 22. Mai 2001 schlossen die Beteiligten eine Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2001. Diese Vereinbarung enthält in § 9 folgende Zahlungsregelung:

"Der Rechnungsbetrag ist spätestens 15 Arbeitstage nach Eingang ...

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