Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Vergütung des Krankenhauses auf der Basis eines vollstationären Behandlungstages. Klageart für die Zahlungsklage eines Krankenhausträgers gegen die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Der Anspruch des Krankenhauses auf Vergütung für vollstationäre Behandlung setzt nach § 39 Abs. 1 SGB 5 voraus, dass das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
2. Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung setzt die physische und organisatorische Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses voraus. Nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes muss sich die Behandlung über mindestens einen Tag und eine Nacht erstrecken, vgl. BSG, Urteil vom 04. März 2004 - B 3 KR 4/03 R.
3. Im Fall einer abgebrochenen stationären Behandlung kann eine vollstationäre Behandlung dann abgerechnet werden, wenn es durch Umstände, die außerhalb der Sphäre des Krankenhauses liegen, nicht zu der an sich gewollten vollstationären Krankenhausbehandlung gekommen ist. Dies ist ausgeschlossen, wenn sich der Krankenhausarzt um die sofortige Verbringung des Versicherten in eine andere Klinik bemüht, damit dieser dort optimal behandelt werden kann, vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2005 - B 3 KR 11/04 R.
4. Etwaige erbrachte ambulante Notfallleistungen kann der Krankenhausträger nach dem Gesamtvertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung, nicht aber mit der Pflegesatzvereinbarung abrechnen.
Normenkette
SGB V § 39 Abs. 1 Sätze 1-2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2; SGG § 54 Abs. 5, § 160 Abs. 1, 2 Nrn. 1-2
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 70,13 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Leistungen auf der Basis eines vollstationären Behandlungstages abrechnen kann.
Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses Georgius-Agricola-Klinikum (im Folgenden: Krankenhaus) in Z., das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der am ... 1954 geborene bei der Beklagten krankenversicherte H.-J. M. (im Folgenden: Versicherter) wurde am 28. Dezember 2002 als Notfall in die Klinik. der Klägerin gebracht. Der Notarzt diagnostizierte eine akute CVD (laut Gutachten: "cerebrovaskuläre Durchblutungsstörung"), eine Parese rechts sowie Nikotinabusus. Beim Eintreffen sei der Versicherte ansprechbar gewesen, habe aber eine verwaschene Sprache, eine Kraftminderung im rechten Arm und eine Vaszialisparese rechts gezeigt. Er sei orientiert gewesen und habe unauffällige Pupillen gehabt. Diese Symptomatik habe mit zunehmender Tendenz seit ca. 13 Uhr bestanden. Der Versicherte habe sich etwa eine Woche zuvor an einer Treppe gestoßen.
Nach der Aufnahmeanzeige erfolgte die Aufnahme des Versicherten am 28. Dezember 2002 um 14:20 Uhr. Als voraussichtlicher Entlassungstermin war der gleiche Tag angegeben. Nach der Entlassungsanzeige wurde er um 14:30 Uhr desselben Tages aus dem Krankenhaus entlassen und in die Berufsgenossenschaftliche Klinik. i. H. (im Folgenden: BG-Klinik.) verlegt, wo er um 15:20 Uhr aufgenommen und bis zum 14. Januar 2003 stationär behandelt wurde.
Auf die Rechnung der Klägerin vom 23. Januar 2003 (Rechnungs-Nr.: 2212317) mit der Abrechnung eines vollstationären Behandlungstages in Höhe von insgesamt 217,38 EUR teilte die Beklagte mit, es seien keine Pflegesätze nach der Bundespflegesatzverordnung abzurechnen, wenn ein Krankenhaus bei der Einlieferung eines Notfallpatienten eine externe Verlegung veranlasse, ohne selbst eine stationäre Behandlung erbracht zu haben. Dann liege eine ambulante Notfallversorgung vor, die als ambulante Behandlung zu Lasten der Kassenärztlichen Vereinigung abzurechnen sei.
Mit Schreiben vom 5. Juni 2003 erwiderte die Klägerin, eine Leistung könne nur dann als ambulante Notfallbehandlung oder vorstationäre Behandlung abgerechnet werden, wenn der untersuchende Krankenhausarzt entscheide, den Patienten nach der Behandlung nach Hause zu entlassen. Eine Verlegung im Sinne der Bundespflegesatzvereinbarung könne bei stationär aufgenommenen Patienten von einem Krankenhaus in ein anderes bzw. von einer Hauptabteilung in eine andere Hauptabteilung des selben Krankenhauses erfolgen, wenn der Aufnahme- bzw. Behandlungsgrund eine vollstationäre Behandlung erfordere. Bei ambulant oder vorstationär behandelten Patienten komme eine solche Verlegung nicht in Betracht. Es werde daher gebeten, den Rechnungsbetrag zu überweisen. Demgegenüber vertrat die Beklagte die Ansicht, die Dauer des Aufenthaltes des Versicherten im Krankenhaus von 10 Minuten sei ein Indiz dafür, dass eine Krankenhausbehandlung im Sinne von § 2 der Bundespflegesatzverordnung nicht stattgefunden habe. Es werde vorgeschlagen, die Leistung als vorstationäre Behandlung abzurechnen, da der ärztliche Dienst in die Entscheidung zur Verlegung des Patienten i...