Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Vergütung des Krankenhauses auf der Grundlage einer Fallpauschale für einen vollstationären Behandlungstag
Orientierungssatz
1. Bei der Vergütung für eine vom Krankenhaus erbrachte Leistung kommt es bei der Abgrenzung der vollstationären Behandlung zur nicht vollstationären Behandlungsform in erster Linie auf die geplante und nicht auf die tatsächliche Aufenthaltsdauer an, wenn der Behandlungsplan eine längere Behandlungsdauer vorgesehen hat.
2. Ergeben sich aus allen verfügbaren Unterlagen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Behandlungsplans, der einen Krankenhausaufenthalt des Versicherten über mindestens einen Tag und eine Nacht vorgesehen haben könnte, so ist ein Anspruch des Krankenhausträgers für vollstationäre Behandlung ausgeschlossen.
3. Bei einer abgebrochenen stationären Behandlung kann eine vollstationäre Behandlung dann abgerechnet werden, wenn es durch Umstände, die außerhalb der Sphäre des Krankenhauses liegen, nicht zu der an sich gewollten vollstationären Krankenhausbehandlung gekommen ist.
4. Die Abrechnung einer vollstationären Behandlung ist bei einer besonders intensiven Notfallbehandlung auch dann möglich, wenn eine Behandlungsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht nicht erreicht wird. Dies ist dann der Fall, wenn ein Versicherter mit Verdacht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung in eine eigens für solche Fälle vorgehaltene Intensivstation eingeliefert wird, vgl. BSG, Urteile vom 17. März 2005 - B 3 KR 11/04 R und vom 28. Februar 2007 - B 3 KR 17/06 R und 08. September 2004 - B 6 KA 14/03 R.
Normenkette
SGB V § 109 Abs. 4 S. 3, § 39 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 413,73 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin bei einem Aufenthalt des Versicherten von maximal 23 Minuten im Krankenhaus ihre Leistungen auf der Grundlage einer Fallpauschale für eine vollstationäre Behandlung abrechnen kann.
Die Klägerin ist Trägerin des Krankenhauses Georgius-Agricola-Klinikum in Z. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der am ... 1936 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte O. M. (im Folgenden: Versicherter) wurde am 23. April 2004 von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. R. als Notfall wegen akutem Hinterwandinfarkt mit AV-Block III und kardiogenem Schock in die Klinik der Klägerin eingewiesen. Nach den Angaben des Krankenhauses erfolgte die Aufnahme um 8:01 Uhr. Hinsichtlich des genauen Zeitpunktes, wann der Versicherte in das Herzzentrum L. gebracht wurde, liegen unterschiedlichen Angaben von 8:15 Uhr und 8:24 Uhr vor, so dass dessen Aufenthalt im Krankenhaus maximal 23 Minuten gedauert hat. Mit Datum vom 21. Mai 2004 stellte die Klägerin der Beklagten insgesamt 560,98 EUR auf der Basis der Abrechnung der DRG-Fallpauschale F60B unter Abzug eines Verlegungsabschlags in Rechnung.
Auf der Grundlage einer Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD), es liege möglicherweise keine stationäre Leistungserbringung vor, da der Patient nur in der Notaufnahme behandelt worden sein könnte, teilte die Beklagte der Klägerin am 9. Juni 2004 mit, sie gehe von einer vorstationären Behandlung im Sinne des § 115a Abs. 1 Ziffer 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) aus. Zugleich bat sie um Übersendung des vollständigen Entlassungsberichtes mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf bis zum 9. Juli 2004 an den SMD. Der in Rechnung gestellte Betrag sei unter Vorbehalt zur Zahlung angewiesen worden. Sollte die medizinisch-inhaltliche Überprüfung die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch nicht bestätigen, werde der überzahlte Betrag zurück gefordert.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der korrigierte Rechnungsbetrag belaufe sich auf 147,25 EUR. Da sie bereits 560,98 EUR gezahlt habe, werde die Differenz in Höhe von 413,73 EUR in Abzug gebracht. Sollten noch zu übersendende Unterlagen eine andere Beurteilung des Sachverhaltes rechtfertigten, werde diese Entscheidung überprüft. Als Anlage fügte sie eine nach Eingang der Verlegungsepikrise vom 29. April 2004 vom SMD gefertigte Stellungnahme bei, in der dieser ausgeführt hatte, es handele sich um eine vorstationäre Behandlung im Sinne des § 115a Abs. 1 Ziffer 1 SGB V, da sich der Versicherte insgesamt nur 14 Minuten in der Einrichtung befunden habe.
Am 4. Oktober 2004 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage auf Zahlung weiterer 413,73 EUR nebst 4% Zinsen erhoben und vorgetragen: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege eine sog. "abgebrochene" stationäre Behandlung vor, wenn der Patient nach Durchführung eines Eingriffs oder einer sonstigen Behandlungsmaßnahme über Nacht verbleiben sollte, aber gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tage wieder verl...