Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Unfallentschädigung bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit
Orientierungssatz
1. Wenn bei der Ausübung einer Verrichtung, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ein Unfallereignis eintritt, muss vom Vorliegen der Unfallkausalität ausgegangen werden, es sei denn, eine konkurrierende Ursache, wie z. B. eine innere Ursache oder eine eingebrachte Gefahr ist feststellbar (Anschluss an BSG, Urteil vom 30. 1. 2007, B 2 U 23/05 R).
2. Hat im Zeitpunkt eines Verkehrsunfalls als Wegeunfall Alkoholeinfluss als konkurrierende Ursache vorgelegen, war der Versicherte infolgedessen fahruntüchtig und war die Fahruntüchtigkeit infolge des Alkoholeinflusses die überragende Bedingung für den Eintritt des Unfallereignisses, so fehlt es zur Gewährung von Unfallentschädigung an der erforderlichen Unfallkausalität.
3. Vom Gericht ist die Frage des Alkoholisierungsgrades unter Heranziehung aller Indizien in freier Beweiswürdigung nach § 128 SGG zu klären.
4. Errechnet sich unter Berücksichtigung messtechnischer Abweichungen für den Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,35 Promille, so ist zumindest von einer relativen Fahruntüchtigkeit des Versicherten auszugehen.
5. Sind wege- bzw. betriebsbezogene Umstände nicht ersichtlich und andere Ursachen als alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit für das Abkommen des Versicherten von der Fahrbahn nicht ersichtlich, so stellt die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Versicherten die überragende Ursache für den Eintritt des Unfallereignisses dar. Dies hat zur Folge, dass die Gewährung von Unfallentschädigung zu versagen ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 25. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Witwe des am ... 1999 verstorbenen D. K. (nachfolgend der Versicherte), mit dem sie bis zu dessen Tod in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Sie begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin die Anerkennung des Ereignisses vom 16. September 1999 als Arbeitsunfall.
Der am 1949 geborene Versicherte war seit 1992 bei der a. GmbH in H. als Maschinist beschäftigt. Am Morgen des 16. September 1999 kam er auf der Landstraße 15 gegen 4.45 Uhr als Fahrer eines PKW auf dem Weg zur Arbeitsstelle, ca. 30 m hinter dem Ortsausgangsschild seines Heimatortes K., in einer Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum; der PKW kam quer auf der Fahrbahn zum Stehen. Dabei wurde der Versicherte schwer verletzt.
Mit dem Rettungswagen wurde der Versicherte in das J.-Krankenhaus S. gebracht. Dort wurde er ausweislich des Durchgangsarztberichtes des Facharztes für Chirurgie und Chefarztes der Unfallchirurgischen Klinik Dr. S. um 5.20 Uhr in der Notfallambulanz aufgenommen. Dr. S. diagnostizierte ein Hämatothorax (Ansammlung von Blut im Brustraum) aufgrund einer Rippenserienfraktur der dritten bis siebten Rippe links, eine Kopfplatzwunde sowie ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades. Der Versicherte sei zu diesem Zeitpunkt schläfrig, aber jederzeit erweckbar und kooperativ gewesen; Übelkeit habe nicht vorgelegen. Ohne weitere Ausführungen kreuzte Dr. S. formularmäßig im Durchgangsarztbericht an, es habe Alkoholeinfluss vorgelegen.
Die anschließende Behandlung des Versicherten erfolgte im Reanimationsraum der Intensivstation des Krankenhauses. Dort wurde ihm auch eine Blutprobe entnommen, die um 6.30 Uhr im Labor des Krankenhauses eintraf. Die Analyse der Probe ergab eine Ethanolkonzentration von 1,80 g/l Blutserum. Nach der Blutentnahme wurde der Versicherte intensivmedizinisch im Krankenhaus S. versorgt, eine weitere Blutprobe wurde nicht abgenommen. Nach einer am 27. September 1999 durchgeführten Computertomographie (CT), die eine große Einblutung in der rechten Kleinhirnhemisphäre und größere Kontusionsblutungen gezeigt hatte, wurde der Versicherte in die Universitätsklinik Magdeburg verlegt, wo er am 3. Oktober 1999 verstarb.
Mit Schreiben vom 12. Oktober 1999 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte mit, sie habe von der festgestellten Alkoholisierung erfahren. Möglicherweise sei aufgrund eines starken Leberschadens kein Alkoholabbau mehr erfolgt. Zudem sei unbekannt, ob zum Zeitpunkt der Blutentnahme bereits eine Medikation stattgefunden habe oder ob die Blutentnahme in großer örtlicher Nähe zu der Stelle erfolgt sei, an der die Medikamente zugeführt worden seien. Außerdem verfüge das Krankenhaus Stendal nicht über eine Labortechnik, die für eine sichere Blutalkoholbestimmung geeignet sei.
Die Beklagte zog die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei. Nach der von Polizeiobermeister (POM) Z. und POM H. gefertigten Unfallanzeige vom 16. September 1999 sei bei der Unfallaufnahme Alkoholgeruch in der Atemluft des Verletzten festgestellt worden. Die Verkehrstüchtigkeit sei nicht gegeben gewesen, eine Alkoholeinwirkung habe vorgelegen. Eine Blutentn...