Entscheidungsstichwort (Thema)
Witwenrente. Berechnung einer Vergleichsrente nach der Neufassung des § 307b SGB 6. Tod des Versicherten vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Verfassungsmäßigkeit. Berechnung Vergleichsrente. persönliche Entgeltpunkte. zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz. Abschmelzung der Zusatzversorgung. Zugangsfaktor. Vorleistungswert. Rangstellenwert. Bestandsrente. allgemeiner Gleichheitssatz. Unterscheidungskriterium. Sonderrechtsnachfolger. Übergangsregelung
Orientierungssatz
Nach Ansicht des Senats ist es vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG zwingend, die §§ 66 Abs 2 Nr 2, 307b Abs 3 SGB 6 dahingehend auszulegen, dass von der Neufassung des § 307b SGB 6 auch die Witwen von Versicherten erfasst werden, wenn der Versicherte selbst bereits vor der Entscheidung des BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvR 1926/96 ua = BVerfGE 100, 104 = SozR 3-2600 § 307b Nr 6 - verstorben ist und alle an ihn gerichteten Bescheide zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG bestandskräftig waren.
Normenkette
SGB VI § 66 Abs. 2 Nr. 2, § 307b Abs. 3, §§ 307 a, 63 Abs. 2, §§ 64, 254 b Abs. 1, § 88 Abs. 2 S. 1; AAÜG § 4 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1; SGB X §§ 44, 48
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Dezember 2005 wird aufgehoben und die Bescheide der Beklagten vom 6. September 1995, 19. November 2001 und 19. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2002 werden abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, der Berechnung und Zahlung der Witwenrente der Klägerin 87,3 persönliche Entgeltpunkte (Ost) ab dem 1. Dezember 1994 zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Witwenrente unter Berücksichtigung einer Vergleichsberechnung für den Versicherten nach § 307 b SGB VI.
Die Klägerin ist Ehefrau des 1994 verstorbenen Prof. Dr. J S (Versicherter genannt).
Mit Versicherungsschein vom 6. Juli 1957 wurde der Versicherte in die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz einbezogen. Mit undatiertem Bescheid wurde ihm ab dem 1. Dezember 1987 eine Invalidenaltersrente sowie eine Zusatzaltersrente in Höhe von insgesamt 2.410,- DM gewährt. Mit ebenfalls undatierten Anpassungsmitteilungen wurde diese Rente zweimalig angepasst, wobei sich der Auszahlungsbetrag nicht erhöhte (Bl. 176 bis 178 Verwaltungsakte).
Den gegen die Begrenzung der gezahlten Rente und Zusatzversorgung eingelegten Widerspruch wies der Träger der Rentenversicherung - Überleitungsanstalt Sozialversicherung Bereich Zusatzversorgung - mit Bescheid vom 18. Oktober 1991 zurück. Hiergegen erhob der Versicherte Klage und wandte sich gegen die Begrenzung auf den Betrag von maximal 2.010,- DM. Dieses Verfahren endete mit einem Unterwerfungsvergleich (vgl. Bl. 20 Verwaltungsakte), mit dem sich die Beklagte im Wesentlichen verpflichtete, einen Betrag von über 2010,- DM auch für die Zeit ab dem 1. August 1991 zu zahlen, soweit sie in anderen Verfahren insoweit rechtskräftig verurteilt werden sollte.
Ein Verfahren aufgrund des Widerspruchs des Versicherten von Januar 1992 gegen die Festlegung der Regelaltersrente (Mitteilung vom 2. Dezember 1991) endete schließlich mit Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 1993 und der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Bruttobetrages von 2.574,84 DM als Bestandsbetrag.
Mit Bescheid vom 14. Januar 1994 wertete die Beklagte die bisherige Rente des Versicherten um und passte sie aufgrund des ab 1. Januar 1992 geltenden Rentenrechts an. Dabei berechnete sie knapp 50 persönliche Entgeltpunkte (Ost) und nahm auch eine Vergleichsberechnung gemäß § 307 b SGB VI in der damaligen Fassung vor (Bl. 199 Verwaltungsakte). In den ergänzenden Begründungen hieß es, dieser Bescheid ergehe aufgrund des Urteils des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. Oktober 1993.
Mit Bescheid vom 1. Februar 1994 stellte die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Zeit vom 1. Juni 1957 bis 30. November 1987 als Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die entsprechenden Entgelte fest, die sie nach Anlage 3 zum AAÜG begrenzte. Auch hiergegen legte der Versicherte noch im gleichen Monat Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1995 zurückwies. Klage wurde insoweit nicht erhoben.
Am 3. November 1994 verstarb der Versicherte.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 1994 stellte die Beklagte die Regelaltersrente des Versicherten neu fest und ermittelte nunmehr 74,9182 persönliche Entgeltpunkte (Bl. 286 Verwaltungsakte). In den ergänzenden Hinweisen hieß es, die Rente würde neu berechnet, wenn das anhängige Streitverfahren gegen den Versorgungsträger zu Gunsten des Versicherten beendet würde. Ein Widerspruch sei insoweit ausgeschlossen. Ein solcher wurde auch im Übrigen ...