Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Neuberechnung einer übergeleiteten Witwerrente

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Rente, die bereits vor dem 31. 01. 1991 als Rente nach den Vorschriften der DDR gezahlt und zum 01. 01. 1992 in eine Rente nach dem SGB 6 überführt worden ist, ist nach § 307 b SGB 6 die Berechnung einer Vergleichsrente aus den Verdiensten der letzten 20 Jahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung vorgesehen. Von dieser Vorschrift sind Bestandsrenten des Beitrittsgebietes erfasst, die aufgrund eines Leistungsanspruchs aus einem Sonder- bzw. Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen waren.

2. Die Witwerrente ist zwar keine Bestandsrente nach § 307 b Abs. 1 S. 1 SGB 6. Der Anspruch auf Neuberechnung der Rente folgt aber aus den Übergangsvorschriften des 2. AAÜG-ÄndG, die ihrerseits das sog. Rechtsfolgenmanagement im Urteil des BVerfG vom 28. 4. 1999 umgesetzt haben, vgl. BSG, Urteil vom 19. November 2009 - B 13 R 113/08 R, sowie BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvR 1926/96.

3. Nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB 6 sind bei einer Witwerrente Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten. Wenn diese unter Anwendung der mit dem GG für unvereinbar erklärten Norm des § 307 SGB 6 a. F. berechnet worden sind, so beruht in Anwendung von § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB 6 hierauf auch die Witwerrente. Die Witwerrente ist nach Art. 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-ÄndG erst ab dem 01. 05. 1999 neu zu berechnen.

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Februar 2006 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2004 verpflichtet, den Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 aufzuheben und den Bescheid vom 28. August 1997 abzuändern und die dem Verstorbenen gewährte Witwerrente ab dem 1. Mai 1999 unter Beachtung der Vorschrift des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge zu 20%.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die dem Verstorbenen gezahlte Witwerrente neu zu berechnen.

Die am ... 1921 geborene und am ... 1993 verstorbene Ehefrau (im Folgenden: Versicherte) des am. 2009 verstorbenen vormaligen Klägers (im Folgenden: Verstorbener) gehörte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates an. Ab 1. August 1981 erhielt sie eine Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates. Die Beklagte überführte die Versorgung ab 1. Januar 1992 in die gesetzliche Rentenversicherung. Am 14. Januar 1994 beantragte der Verstorbene die Gewährung einer Witwerrente. Mit Bescheid vom 28. Juni 1994 stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte die Zeiträume vom 15. August 1956 bis zum 16. Oktober 1960, vom 17. Juli 1961 bis zum 21. September 1969 und vom 24. November 1969 bis zum 31. Mai 1981 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates fest. Mit Bescheid vom 27. April 1995 stellte die Beklagte die Rente der Versicherten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Oktober 1993 neu fest. Mit Bescheid vom 11. August 1995 gewährte die Beklagte dem Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. November 1993 große Witwerrente. Die Bescheide vom 28. Juni 1994, vom 27. April 1995 und vom 11. August 1995 wurden bestandskräftig.

Am 20. Februar 1997 erließ die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte unter Anwendung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) einen neuen Überführungsbescheid. Mit Bescheid vom 28. August 1997 stellte die Beklagte die Witwerrente des Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. Januar 1997 unter Berücksichtigung des Bescheides vom 20. Februar 1997 neu fest. Dabei ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von 150,30 DM, die die Beklagte vorläufig einbehielt. Die Bescheide vom 20. Februar 1997 und vom 28. August 1997 wurden bestandskräftig.

Am 28. Februar 2003 beantragte der Verstorbene alle ihm seit 1. Juli 1990 erteilten Rentenbescheide gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zu überprüfen und ihm unter Änderung der Bescheide eine höhere Rente zu gewähren.

Mit Bescheid vom 4. April 2003 lehnte es die Beklagte ab, die Witwerrente des Verstorbenen unter Berücksichtigung des § 307 b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) neu f...

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