Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. kein Vergütungsanspruch für Zeiten des Krankenhausaufenthaltes bei Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes
Orientierungssatz
Ein Krankenhausträger hat keinen Vergütungsanspruch gegenüber einer Krankenkasse für Zeiten eines Krankenhausaufenthaltes einer Versicherten, wenn diese aufgrund ihrer psychischen Verfassung weiter betreut wird, weil ein Platz in einer stationären Pflegeeinrichtung noch nicht zur Verfügung steht und eine Entlassung in die Häuslichkeit nicht möglich ist.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 20. Oktober 2005 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.077,45 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Begleichung von Krankenhausbehandlungskosten.
Die bei der Beklagten krankenversicherte, ... 1920 geborene, Patientin I. P (= Patientin) wurde am 15. Dezember 2003 im Kreiskrankenhaus S in N, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie (= Krankenhaus), aufgenommen. Die Klägerin ist Trägerin dieses Krankenhauses. Die Verordnung von Krankenhausbehandlung durch die die Patientin ambulant behandelnde Praktische Ärztin Dr. B stammte vom 11. Dezember 2003. Dort ist durch Ankreuzen der entsprechenden Rubrik das Vorliegen eines Notfalls angegeben. Als Einweisungsdiagnose wird "demenzielles Syndrom mit ausgeprägter Aggressivität zu den Angehörigen, ständige Unruhe" angegeben. In einem (undatierten) Krankenblatt notierte die Assistenzärztin der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie M: Nach der Fremdanamnese der Hausärztin sei über lange Zeit hinweg von der Patientin wohl hausärztliche Betreuung verweigert worden. Die Patientin sei gegenüber Angehörigen hoch aggressiv, Angehörige und der Pflegedienst seien teilweise mit (einem) Messer bedroht worden. Es bestehe ständige Unruhe und eine massive Störung des Tag-Nacht-Rhythmusses. Eine ambulante Führung sei nicht möglich. Die Einleitung eines Betreuungsverfahrens sei bereits erfolgt. Als Befund gab die Assistenzärztin an: "Patientin bewusstseinsklar, orientiert zur Person, örtlich und zeitlich völlig desorientiert. Im Kontakt freundlich entgegenkommend. Auffassung für sehr einfache Aufforderungen intakt. Massiv reduzierte Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und Gedächtnis formal zerfahren, kommt von Hölzchen auf Stöckchen, inhaltlich kaum ein Satz beim Thema bleibend. Stimmung ausgeglichen gut, adäquates Affektverhalten, kein Anhalt für Suizidialität". Als Diagnose vermerkte sie: "Demenz unklarer Genese mit Unruhezuständen und Aggressivität, Verdacht auf Hypertonie, Zustand nach Oberschenkel-Halsfraktur beidseits". Als Behandlungsmaßnahmen waren aufgeführt: "Komplettes Programm Demenzdiagnostik, medikamentöse Behandlung, zusätzlich Vorstellung beim Oberarzt am Folgetag." In einem (undatierten) Pflegeüberleitungsprotokoll führte eine Pflegefachkraft aus: "Patientin sehr wirr, aggressiv, erkennt Verwandte nicht, schläft gegen morgen erst, hat zwei Jahre niemanden an sich rangelassen und keine Hilfe angenommen".
Bei der Beklagten ging am 18. Dezember 2003 ein Kostenübernahmeantrag des Krankenhauses ein. Dabei war als Aufnahmeart "Notfall" angegeben und als Aufnahmediagnose F03 (= nicht näher bezeichnete Demenz) und I10 (essentielle primäre Hypertonie). Als voraussichtliches Entlassungsdatum war der 5. Januar 2004 angegeben. Die Beklagte erteilte daraufhin mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 die Zusage, die Kosten der medizinisch notwendigen stationären Krankenhausbehandlung zu übernehmen und führte aus, sie behalte sich eine zwischenzeitliche Prüfung über die weitere Notwendigkeit der stationären Behandlung vor.
Am 23. Dezember 2003 erfolgte eine psychologische Untersuchung der Patientin durch die Diplom-Psychologin P, die bei der Patientin Defizite im Bereich der verbalen rechnerischen Fähigkeiten und im Bereich der Konstruktionsfähigkeit feststellte. Am 24. Dezember 2003 notierte die Assistenzärztin M, die Patientin sei meist ausgeglichen, teils aggressiv. Am 13. Januar 2004 erfolgte eine Thoraxaufnahme in der Röntgenabteilung des Krankenhauses. In der Fortschreibung des Behandlungsplanes ist vermerkt: Am 18.12: Morgen Angehörigengespräch - Beratung über Heimantrag; am 8.1.: Patientin freundlich - geht am 19.1. (in die) Seniorenhilfe Zeitz; am 15.1.: Termin 19.1. bleibt bestehen.
In der zusammenfassenden Verlaufsdokumentation finden sich die Angaben: Am 15.12.: stationäre Aufnahme mit Demenzdiagnostik; am 8.1.: Patientin findet sich auf Station gut zurecht, selbständig; am 15.1.: Patientin ruhig - Aufnahme Pflegeheim am 19.1.
Am 19. Januar 2004 wurde die Patientin aus der Krankenhausbehandlung in das Heim der Seniorenhilfe Z entlassen. Im Entlassungsbericht an die Hausärztin vom 24. Februar 2004 wird ausgeführt: Die ambulant begonnene Therapie mit Risperdal sei fortgeführt worden. Die Patient...