Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Anspruch auf Krankengeld. Krankenkasse. Kenntnisnahme vom Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Insbesondere dann, wenn die Krankenkasse bereits anderweitig vom Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit sowie davon, davon dass der Versicherte weiterhin Krankengeld beansprucht, Kenntnis erlangt hat, bedarf es zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Krankengeld keiner zusätzlichen Information (vgl BSG vom 10.5.2012 - B 1 KR 20/11 R = BSGE 111, 18 = SozR 4-2500 § 46 Nr 4 RdNr 19 f).

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Januar 2017 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2015 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 12. Juni bis zum 28. Juni 2015 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 34,81 Euro zu zahlen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge und das Vorverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Fortbestehen eines Anspruches auf Krankengeld.

Der 1952 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger, der seit dem 1. Januar 2016 Altersrente bezieht, erhielt anlässlich seiner ab dem 9. Februar 2015 (während Arbeitslosigkeit) bestehenden Arbeitsunfähigkeit vom 23. März 2015 an Krankengeld. Zum 22. März 2015 endete der Arbeitslosengeldbezug. Zuletzt bescheinigte die Hausärztin A. auf einem Auszahlungsschein unter dem 28. Mai 2015 bis einschließlich zum 11. Juni 2015 Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose M 25.37 G (Sonstige Instabilität eines Gelenkes am Knöchel und Fuß). Auf einem an die Beklagte übersandten Fragebogen bestätigte die Ärztin unter dem 10. Juni 2015 wegen derselben Diagnose Arbeitsunfähigkeit und gab u.a. an, ein Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei "vorerst nicht" absehbar und es werde nach der operativen Versorgung eine Schmerztherapie durchgeführt. Auf Grundlage einer persönlichen Vorstellung des Klägers am 15. Juni 2015 (Montag) attestierte Frau A. unter diesem Datum auf einem Auszahlungsschein eine Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Diagnose bis zum 29. Juni 2015, wobei sie keine rückwirkende Arbeitsunfähigkeit attestierte. Der Kläger bezog vom 29. Juni 2015 bis zum 10. Juli 2015 Arbeitslosengeld I.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte die Beklagte die weitere Zahlung von Krankengeld ab, da die Arbeitsunfähigkeit nach dem 11. Juni 2015 nicht lückenlos nachgewiesen sei. Die versicherungspflichtige Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld habe bis einschließlich 28. Mai 2015 (gemeint ist wohl der 11. Juni 2015) bestanden.

Hiergegen erhob der Kläger noch im selben Monat Widerspruch und legte das Schreiben Frau A. vom 23. Juni 2015 vor, wonach diese am 11. und 12. Juni 2015 wegen einer Unpässlichkeit nur Notfälle habe behandeln können. Der Kläger sei daher durch ihre Angestellten umbestellt worden, so dass er die Praxis erst am 15. Juni 2015 habe aufsuchen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führt darin weiter aus, ab dem 12. Juni 2015 habe kein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch bestanden, vielmehr sei die Versicherung als Familienversicherung ohne Krankengeldanspruch fortgesetzt worden.

Am 22. Oktober 2015 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und vertiefend darauf verwiesen, die Beklagte habe unter Berücksichtigung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Dezember 2014 (B 1 KR 37/14 R - SozR 4-2500 § 192 Nr. 7) zu einer anderen Beurteilung kommen müssen. Die verspätete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beruhe nicht auf seinem Verschulden, sondern auf Veranlassung seiner Ärztin, die ihm nicht zuzurechnen sei. Frau A. habe unter dem 11. Februar 2016 ihr Schreiben vom 23. Juni 2015 bestätigt und ausgeführt, der Kläger habe keinen Grund gehabt, einen anderen Arzt aufzusuchen. Entsprechendes wäre aus seiner Sicht gegenüber ihrer Behandlungsmethode respektlos erschienen. Da er sich am 10. Juni 2015 vorstellen wollte, aber von ihr - als seiner behandelnden Ärztin - umbestellt wurde, sei sein Versicherungsschutz mit Krankengeld bestehen geblieben.

Mit Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) entstehe der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs sei es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts ärztlich festgestellt werde. Hieran fehle es. Denn der Kläger sei ab dem 12. Juni 2015 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Seine diesen Anspruch vermittelnde, auf der Beschäftigtenv...

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