Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Verweisbarkeit eines Anzeigenberaters auf die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten oder eines Verwaltungsangestellten
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeit als Anzeigenberater bei einer Tageszeitung ist eine körperlich leichte Tätigkeit, die in geschlossenen Räumen ohne anhaltenden Einfluss von Kälte, Nässe, Zugluft und Feuchtigkeit sowie ohne Akkord oder Maschinenarbeit und ohne überdurchschnittliche Beanspruchung der Wirbelsäule ausgeübt werden kann und den Wechsel der Haltungsarten ermöglicht.
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat nach §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1 SGB 6 der vor dem 2.1.1961 Geborene, wenn er berufsunfähig ist.
2. Ein Anzeigenberater ist als Angelernter nach dem Mehrstufenschema auf die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten oder eines Verwaltungsangestellten verweisbar. Als Anzeigenberater verfügt er über die fachliche Qualifikation, diesen Tätigkeiten nach nur kurzer Einarbeitung vollwertig nachzugehen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger für die Zeit vom 6. Juli 2004 bis zum 31. März 2006 einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.
Der am ... 1943 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1958 bis zum 29. Februar 1961 eine Ausbildung als Betriebseisenbahner. Danach war er als Rangierer, als Sekretär der FDJ-Kreisleitung Klötze, als Baggerfahrer und als Kraftfahrer/Abteilungsleiter tätig. Mit Urkunde der Deutschen Demokratischen Republik - Rat des Kreises Klötze vom 7. Februar 1980 schloss er eine Ausbildung als Facharbeiter mit der Berufsbezeichnung Agrochemiker ab. Nach dem Zeugnis der Ingenieurschule für Agrochemie und Pflanzenschutz "Edwin Hoernle" vom 15. Juni 1984 war er berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Agrochemie zu führen. Vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Juli 1990 arbeitete er als Quarantäneinspekteur. Danach war er vom 1. August 1990 bis zum 14. August 1991 Taxifahrer. In seiner letzten abhängigen Beschäftigung arbeitete er vom 15. August 1991 bis zum 30. September 1993 als Anzeigenberater bei der Tageszeitung "V.". Im Anschluss daran war er vom 1. Oktober 1993 bis zum 31. Dezember 1994 arbeitslos. Ab dem 1. Januar 1995 arbeitete er selbständig als Versicherungskaufmann. In dieser Zeit leistete er freiwillige Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung.
Am 6. Juli 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Er leide an einer Hüftgelenksnekrose sowie einer Armgelenksarthrose. Daraus würden zunehmend psychische Blockaden folgen. Die Beklagte zog einen Rehabilitations-Entlassungsbericht der Wilsnack Elbtalklinik vom 23. September 2004 bei, in der sich der Kläger vom 26. August 2004 bis zum 16. September 2004 einer stationären Rehabilitationsmaßnahme unterzogen hatte. Die dort behandelnden Ärzte diagnostizierten einen Zustand nach Hüft-Totalendoprothese (Hüft-TEP) links wegen Hüftkopfnekrose im April 2004, ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom links, eine Omarthrose rechts (Verschleiß im Schultergelenk), eine Bouchardarthrose (arthrotische Veränderung der Fingermittelgelenke) sowie einen arteriellen Hypertonus. Der Kläger könne trotz dieser Leiden als selbständiger Versicherungskaufmann noch täglich sechs Stunden und mehr arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung von Einschränkungen für den Bewegungs- und Haltungsapparat in allen Schichten täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Die Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Hausarztes S. vom 29. November 2004 ein, der insbesondere orthopädische Diagnosen mitteilte. Auf ihre Veranlassung erstattete der Facharzt f. Orthopädie Dr. S. ein Gutachten vom 6. Februar 2005. Der Arzt diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 1. Februar 2005 folgende Erkrankungen:
Endoprothese linke Hüfte nach Hüftkopfnekrose, Oberflächenersatz,
Periarthrosis coxae,
Fehlstatik der Wirbelsäule,
Spondylosis hyperostotica der Brustwirbelsäule,
Mäßig degenerativer Schaden der Halswirbelsäule,
Massiver degenerativer Schaden L5/S1,
Chondropathia patellae,
Akromioclaviculargelenk-Arthrose rechts, Zustand nach Bizepsteilriss rechts,
Impingementsyndrom rechts, Zustand nach Arthroskopie der rechten Schulter,
Beginnende Bouchardarthrose,
Hyperuricämie,
Verdacht auf Depression,
Medikamentenmissbrauch,
Bluthochdruck,
Glaukom und
Aortensklerose.
Die Situation der linken Hüfte sei gekennzeichnet durch eine deutliche Diskrepanz zwischen dem subjektiven intensiven Leidenserlebnis und dem objektivierbaren Befund. Röntgenologisch sitze die P...