Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ist ein Versicherter in die Gruppe der Angelernten des oberen Bereichs nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts einzuordnen, ist er sozial zumutbar auf die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte verweisbar.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind zwischen den Beteiligten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.
Die 1949 geborene Klägerin übte nach dem Schulbesuch bis zur achten Klasse nach ihren eigenen Angaben zunächst ungelernte Tätigkeiten als Reinigungskraft, Gartenarbeiterin, Aushilfe und Plasteverarbeiterin aus. Vom 9. Februar 1976 an war sie erneut als Gartenarbeiterin bei dem VEB Garten- und Landschaftsgestaltung H. tätig und durchlief dort eine innerbetriebliche Ausbildung zum Facharbeiter für Grünanlagen (Abschlusszeugnis vom 15. Juli 1977). Danach arbeitete sie bis zum 24. September 1989 als Gärtnerin. Vom 25. September 1989 bis 30. April 1990 war sie als Kantinenmitarbeiterin, vom 14. Mai bis 29. Oktober 1990 als Reinigungskraft und vom 5. November 1990 bis 10. September 1992 als Postzustellerin bei der Deutschen Post in H. beschäftigt. Schließlich arbeitete sie vom 1. Oktober 1992 bis 26. Januar 1993 versicherungspflichtig als Gärtnerin bei der Firma A. L. Gartengestaltung und Pflege. Ausweislich des Arbeitsvertrages war sie als “Gärtner Abteilung Pflege (Lohngruppe 6)„ eingestellt worden. Nach ihren Angaben wurde ihr betriebsbedingt gekündigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos. Sie erhielt zunächst Arbeitslosengeld, dann Arbeitslosenhilfe und zurzeit Leistungen nach dem SGB II.
Bei der Klägerin war zunächst ab 1999 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt; mit Bescheid vom 19. März 2002 ist der GdB dann mit 40 festgestellt worden. Die Klägerin ist im Besitz einer Fahrerlaubnis und nutzt diese auch.
Am 3. Oktober 1999 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Wegen eines Tumors, eines Hals- und Lendenwirbelsäulen- (HWS und LWS-)leidens sowie einer Blutdruckerkrankung könne sie keinerlei Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte zog u. a. den Entlassungsbericht der REHA-Klinik M. R. GmbH in B. K. vom 25. März 1997 über den Aufenthalt der Klägerin vom 25. Februar bis 18. März 1997 bei. Dort sind als Diagnosen ein pseudoradikuläres LWS- und HWS-Syndrom und der Verdacht auf Osteoporose genannt. Bei einer Körpergröße von 155 cm habe sie zu Beginn der Maßnahme 57 kg, zum Ende 59 kg gewogen. Als Gärtnerin sei die Klägerin nur noch unter zwei Stunden täglich einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie leichte körperliche Arbeiten zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht vollschichtig verrichten. Zwangshaltungen (Bücken, Überkopfarbeit, Zeitdruck) sowie Kälte-, Nässe- und Zugluftexpositionen seien zu vermeiden. Die Beklagte forderte sodann einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. - Eingang 22. März 2000 - an. Danach leide die Klägerin unter Heuschnupfen und einem chronischen Cervicobrachial- und Lymbalsyndrom sowie unter einer Hypotonie. Es bestünde eine aktive und passive Bewegungseinschränkung der HWS und LWS.
Daraufhin holte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Orthopädie Dr. R. vom 16. Mai 2000 ein. Dort gab die Klägerin zunächst eine Stehzeit mit 60 Minuten und eine Gehzeit mit 1,5 bis 2 Stunden an; später schilderte sie eine zumutbare Gehstrecke von 20 Metern seit 5 Jahren. Sie bewohne eine Mietwohnung in der dritten Etage ohne Aufzug. Dr. R. kam zu der Einschätzung, wegen eines Cervicocranial- und Cervicobrachialsyndroms bei Osteochondrose und Spondylose sei das Leistungsvermögen qualitativ und quantitativ erheblich eingeschränkt. Der Klägerin seien noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, in Früh- und Spätschicht, ohne das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, ohne Zwangshaltungen und ohne häufige Überkopfarbeit vollschichtig zumutbar. Die Klägerin sei insbesondere für Prüf-, Revisions-, Überwachungs- und Kontrollarbeiten mit gehobener Verantwortung einsetzbar.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2000 lehnt die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Zwar sei deren Erwerbsfähigkeit durch ein degeneratives Wirbelsäulenleiden und eine Hypotonie (Blutunterdruck) beeinträchtigt. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten jedoch mit dem vorhandenen Leistungsvermögen Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 30. Juni 2000 Widerspruch ein. Sie verwies auf das amtsärztliche Gutachten des MR Dr. S., wonach sie selbst körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen nur noch vier Stunden täglich zumutbar verrichten könne. Außerdem...