Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung eines im Beitrittsgebiet erlittenen Schulsportunfalls als Arbeitsunfall

 

Orientierungssatz

1. Die Anerkennung eines im Beitrittsgebiet erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall kommt nur in Betracht, wenn es sich bei dem Ereignis um einen Arbeitsunfall nach dem Recht der DDR und nach dem Dritten Buch der RVO gehandelt hat. Nach § 1150 Abs. 2 S. 1 RVO gelten Unfälle, die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle waren, als Arbeitsunfälle i. S. des 3. Buches der RVO.

2. Nach § 1 Abs. 1 der im Beitrittsgebiet maßgeblichen VersSchutzErwVO erhielten Bürger, die bei organisierten gesellschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Tätigkeiten einen Unfall erlitten, Leistungen der Sozialversicherung und betriebliche Lohnausgleichszahlungen wie bei einem Arbeitsunfall. Hierzu zählte der Schulbesuch mit Sportunterricht in den Arbeitsgemeinschaften

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Stendal vom 30. Juni 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2003 werden abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Unfall vom 25. November 1974 ein Arbeitsunfall ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge und das Vorverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Schulsportunfall vom 25. November 1974 ein Arbeitsunfall ist und daraus konkrete Gesundheitsstörungen folgen.

Die am 15. Juni 1960 (unter dem Mädchennamen G.) geborene Klägerin teilte der Beklagten am 21. März 2001 mit, dass sie als Schülerin am 25. November 1974 während einer Sportübung in der POS J.-F.-D. in K./M. beim Sprung über das Sportgerät "Pferd" ihr rechtes Kniegelenk verletzt habe.

Nach der Unfallmeldung vom 29. November 1974 sei die Klägerin nach dem gehockten Sprung sicher zum Stand gekommen. Beim Beugen des rechten Knies habe es geknackt und die Klägerin habe dort Schmerzen verspürt. Sie habe sich eine Verrenkung des rechten Knies zugezogen. Dr. A. habe das rechte angeschwollene Knie mit einem Zinkleimverband behandelt.

Der Arbeitgeber der Klägerin, das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung A., setzte die Beklagte mit Schreiben vom 1. März 2001, eingegangen am 6. März 2001, von dem oben genannten Unfallereignis erstmals in Kenntnis.

Dem Sozialversicherungsausweis der Klägerin sind ab Oktober 1979 keine Arbeitsunfähigkeitszeiträume wegen Behandlungen der Kniegelenke oder Beine zu entnehmen.

Nach dem von der Beklagten beigezogenen Arztbrief von Dr. G. vom 28. Mai 1998 bestehe bei dem seitendifferenten rechten Arthrosebefund der Verdacht auf eine alte posttraumatisch forcierte Degeneration. Dr. A. schrieb unter dem 6. Mai 1999, vom vorderen Kreuzband seien nur fasrige Anteile tibial zu identifizieren; dieser Befund sei wahrscheinlich als schon älterer Komplettriss einzustufen. Das Kreiskrankenhaus S. stellte im Arztbrief vom 14. Juli 1999 fest, im MRT (Magnetresonanztomographie) vom Mai 1999 sei eine alte vordere Kreuzbandruptur sowie ein Innenmeniskushinterhornriss zu sehen. Auch Prof. Dr. K. ging unter dem 30. August 1999 von einem Zustand nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes rechts aus.

Dipl.-Med. B. vom Fachkrankenhaus V.-G. teilte im Schreiben zur Vorlage bei der Versicherung vom 12. Februar 2001 mit, bei der Klägerin sei im Juli 2000 eine posttraumatische Varusgonarthrose mit drittgradigem Knorpelschaden im medialen Kompartment bei Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur diagnostiziert worden. Der Schaden des vorderen Kreuzbandes könne nur traumatischer Genese sein. Die Klägerin habe über einen Schulunfall vom 25. November 1974 berichtet; ein weiterer Unfall davor oder danach sei nicht bekannt, daher sei mit Sicherheit der jetzige Schaden aufgrund des Unfalls vom 25. November 1974 entstanden.

Nach Ermittlungen der Beklagten fanden sich im Kreiskrankenhaus S., im Fachkrankenhaus für Rheumatologie und Orthopädie Vogelsang, in der Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. S. und Dr. B. (Durchgangsärzte in S.), beim Facharzt für Chirurgie Dr. B. in S., in der Gemeinschaftspraxis Dres. B. und Dyck oder bei Frau Dipl.-Med. W. in S. keine ärztlichen Befunde, auch nicht der medizinische Erstbefund.

Die Klägerin teilte mit, nur Frau Dr. A. habe die Behandlung durchgeführt. Auf Anfrage teilte Herr Dr. A. unter dem 4. Mai 2001 mit, es lägen keine alten ärztlichen Unterlagen mehr vor und verwies auf das Archiv der Kreisverwaltung S., welches telefonisch am 20. Juni 2001 mitteilte, ärztliche Unterlagen könnten gegebenenfalls über das Gesundheitsamt des A. abgefordert werden. Das vorgenannte Gesundheitsamt übersandte mit Schreiben vom 23. Juli 2001 ärztliche Unterlagen für den Zeitraum November 1983 bis März 1985, ohne dass sich Behandlungen des rechten Kniegelenkes entnehmen ließen. Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt S. gab im Schreiben vom 10. Mai 2001 bekannt, keine Unterlagen zu einem Unfall vo...

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