Entscheidungsstichwort (Thema)
Neufeststellung der Verletztenrente nur bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Neufeststellung einer Verletztenrente besteht dann, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei ihrer Feststellung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung nur dann wesentlich, wenn sich ihr Ausmaß um mehr als 5 % ändert und diese Änderung länger als drei Monate andauert.
2. Werden weitere Unfallfolgen i. S. eines mittelbaren Zusammenhanges geltend gemacht, so finden diese bei der Bemessung der MdE nur dann Berücksichtigung, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann, vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R.
3. Ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom mit Wesensänderung kann eine MdE um 20 bis 40 % rechtfertigen. Eine in der unfallunabhängigen Persönlichkeitsstruktur des Versicherten angelegte Fehlverarbeitung der verbliebenen Unfallfolgen bleibt bei der Bemessung der unfallbedingten MdE unberücksichtigt.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) über 50 vom Hundert (vH) hinaus zu gewähren ist.
Der 1949 geborene Kläger bezieht seit dem 22. März 1995 nach am 24. Januar 1994 erlittenem Arbeitsunfall mit Polytrauma von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (Rechtsvorgängerin der Beklagten; nachfolgend: die Beklagte) eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 vH, wobei folgende Unfallfolgen anerkannt sind: vollständiger Verlust des Geruchssinnes - Einzel-MdE um 10 vH; folgenlos verheilte Rippenserienfraktur links; knöchern fest verheilter Bruch des linken Schulterblattes mit gering eingeschränkter Beweglichkeit im linken Schultergelenk; Zustand nach Kreuzbandplastik rechts mit Instabilität und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes sowie leichter Gonarthrose; knöchern fest verheilter Bruch des rechten Wadenbeines mit Muskelminderung des rechten Ober- und Unterschenkels, Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes, Aufhebung der Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenkes sowie geringe Zehenheberschwäche - Einzel-MdE um 30 vH; leichtes hirnorganisches Psychosyndrom - Einzel-MdE um 20 vH (Ausführungsbescheid vom 11. September 2001 zum Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt [LSG] vom 26. Juli 2001 - L 6 U 92/98).
Grundlagen hierfür waren u.a. das von Prof. Dr. K. und Dipl.-Med. T. (Klinik für Neurologie des Klinikums E.) gefertigte Gutachten vom 5. November 1996, in dem der Verlust des Geruchssinns (Anosmie) mit einer MdE um 10 vH bewertet worden war, die Gutachten der Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Dres. B. (Institut für Medizinische Begutachtung K.) vom 6. Mai 1997 (erstellt für einen Privatversicherer des Klägers) und G. (Waldklinik B.) vom 15. September 1997, worin beide Sachverständigen als Unfallfolge ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom diagnostiziert hatten, sowie das von den Dres. R. und D. (Zentrum für Rückenmarkverletzte der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H.) erstattete Gutachten vom 6. August 1998. Die Dres. R. und D. hatten als Unfallfolge eine leichte bis mäßige Lockerung des vorderen Kreuzbandes sowie des medialen Seitenbandapparates mit deutlicher Belastungsminderung des rechten Knies beim Gehen und Stehen, bei einbeiniger Belastung sowie beim Steigen auf Treppen und Leitern mit zusätzlich belastetem Gangbild bei etwaiger Fußheberschwäche festgehalten und mit einer MdE um 30 vH bewertet. Eine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk sei nicht nachvollziehbar; die Bewegungsminderung des linken Schultergelenkes bedinge eine MdE unter 10 vH. Der Umfang des rechten Beines hatte gegenüber links am Oberschenkel eine maximale Differenz von 4 cm und am Unterschenkel eine solche von 2 cm ausgemacht.
Am 5. November 2002 beantragte der Kläger wegen Verschlimmerung der Unfallfolgen bei der Beklagten die Neufeststellung der Rente, wobei er der Erforderlichkeit einer nochmaligen neurologisch-psychiatrischen Begutachtung u.a. mit Schreiben vom 16. Januar 2003 ausdrücklich entgegen trat. Bei ihm komme es, wie bei jedem anderen Menschen auch, lediglich zu einer normalen Merkschwäche.
Die Beklagte holte zunächst das von dem Direktor der Universitätsklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der B. Kliniken B. H. Prof. Dr. O. zusammen mit den Dres. W. und H. erstellte Gutachten vom 6. Februar 2003 ein. Die Gutachter schätzt auf Grundlage der ambulanten Untersuchung vom Vortag im Ergebnis ein, dass keine wesentliche Änderung feststellbar und die MdE auf chirurgischem Fachgebiet wie bislang mit einem Grad um 30 vH zu bewerten sei. Es bestehe eine e...