Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweisbarkeit eines Facharbeiters für die elektronische Datenverarbeitung

 

Orientierungssatz

1. Voll erwerbsgemindert ist u. a. , wer wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein kann.

2. Der vor 1961 Geborene hat Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn er berufsunfähig ist. Bei dessen Verweisbarkeit sind sozial zumutbar grundsätzlich nur Tätigkeiten der im Verhältnis zum bisherigen Beruf gleichen oder nächst niedrigeren Stufe.

3. Ein gelernter Facharbeiter für die elektronische Datenverarbeitung ist in Stufe 3 des 4-stufigen Mehrstufenschemas des BSG einzuordnen. Er ist verweisbar auf die Tätigkeit eines Registrators, welche der Gruppe der Angelernten in Stufe 2 zuzuordnen ist.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. März 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) hat.

Die am ... 1958 geborene Klägerin absolvierte von 1974 bis 1976 eine Ausbildung als Facharbeiterin für die elektronische Datenverarbeitung (Facharbeiterzeugnis vom 15. Juli 1976). Sie war anschließend bis zum 17. Juni 1991 in diesem Beruf beim Datenverarbeitungszentrum M. tätig. Von Mai 1991 bis Mai 1993 absolvierte sie eine Umschulung zur Datenverarbeitungskauffrau und von September 1994 bis September 1995 eine Fortbildung im kaufmännischen Bereich an der DEKRA-Akademie M ... Von 1998 bis April 2000 war sie im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) als Bürofachkraft/Sekretärin tätig. Danach war sie mit Unterbrechungen arbeitslos, in denen sie an einer Trainingsmaßnahme für IT-Berufe (Juni 2000 bis August 2000) und an einer Weiterbildung im Trainings- und Integrationszentrum für Bürokräfte (März 2002 bis Januar 2003) teilnahm.

Am 14. Dezember 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung und gab dazu ab, sie leide seit August 2004 unter Brustkrebs, einer Thrombose und einer Lungenembolie im November 2006. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Facharzt für Innere Medizin und Lungenheilkunde Dr. W. nach Untersuchung der Klägerin am 17. Januar 2007 ein Gutachten vom 5. März 2007. Der Arzt diagnostizierte ein operiertes Mammakarzinom rechts mit anschließender Chemotherapie und Bestrahlung im Jahr 2004, eine postoperativ abgelaufene Lungenembolie rechts bei Ober- und Unterschenkelvenenthrombose rechts nach Mammarekonstruktionsoperation am 16. November 2006 sowie eine Antikoagulationstherapie. Die Klägerin könne trotz dieser Leiden noch sechs Stunden und mehr als Sekretärin arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie leichte körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne längeres Stehen oder in Zwangs- bzw. Bückhaltung sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Verletzungs- oder Unfallgefahr drei bis unter sechs Stunden am Tag verrichten. Die Beklagte holte desweiteren einen Befundbericht der behandelnden Gynäkologin W. vom 2. Januar 2007 ein und zog einen Reha-Entlassungsbericht der Paracelsus-Harz-Klinik B. S. vom 7. August 2006 bei, in der sich die Klägerin vom 6. Juli 2006 bis 27. Juli 2006 einer stationären Rehabilitation unterzogen hatte. Die Ärzte der Reha-Klinik diagnostizierten einen Zustand nach operiertem Mammakarzinom rechts. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden und mehr leichte körperliche Tätigkeiten am Tag unter Berücksichtigung von Einschränkungen für den Bewegungs- und Haltungsapparat und ohne Gefährdungs- und Belastungsfaktoren ausüben. Mit Bescheid vom 11. April 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie könne mit dem noch vorhandenen Leistungsvermögen in ihrem bisherigen Beruf als Sekretärin noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Gleichzeitig bot sie ihr medizinische Leistungen zur Rehabilitation an.

Hiergegen legte die Klägerin am 24. April 2007 Widerspruch ein und führte aus, dass die Schreibarbeiten heutzutage am PC durchgeführt würden. Die PC-Maus müsse ständig mit dem rechten Arm bzw. der rechten Hand bedient werden. Die Schmerzen im rechten Arm würden sich auch beim Schreiben dieses Widerspruchs bemerkbar machen. Es gebe auch noch andere Geräte im Büro, die mit dem rechten Arm bedient werden müssten. Ihr Ergometertest beim Gutachter Dr. W. habe nach wenigen Minuten abgebrochen werden müssen, da ihr schwindlig geworden sei und der Puls in die Höhe geschnellt sei. Beim etwas schnelleren Gehen merke sie, wie die Luft immer knapper werde. Die Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht des Reha-Zentr...

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