Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Schenkung eines Kraftfahrzeugs. einmalige Einnahme in Geldeswert. keine zweckgebundene Einnahme. Verteilzeitraum von 6 Monaten
Leitsatz (amtlich)
Ein von Familienangehörigen während des SGB 2-Leistungsbezugs geschenkter Sachwert (hier: Pkw im Wert von 22.000 EUR) ist Einkommen iS von § 11 Abs 1 SGB 2. Ist für diese Zuwendung kein besonderer Verwendungszweck vereinbart, sondern wird sie (auch) für die allgemeine Lebensführung des SGB 2-Beziehers verwandt, handelt es sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1a SGB 2 aF. Die Zuwendung ist als einmalige Einnahme gem § 11 Abs 3 SGB 2 zu berücksichtigen.
Tenor
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Kosten sind in beiden Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird in beiden Verfahren nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger und Berufungskläger (im Weiteren: Kläger) wehren sich im Verfahren L 4 AS 83/14 gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten und Berufungsbeklagten (im Weiteren: Beklagter) für den Zeitraum von März bis Juni 2011, und im Verfahren L 4 AS 999/13 machen sie nach Ablehnung ihres Leistungsantrags die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juli und August 2011 geltend.
Der 1952 geborene Kläger und die 1955 geborene Klägerin sind verheiratet. Der Kläger zu 1 war bis Ende Mai 2011 erwerbstätig und erzielte ein monatliches Bruttoentgelt von 1.165,00 EUR. Ab 1. Juni 2011 bezog er Alg I in Höhe von 18,19 EUR täglich. Die Klägerin zu 2 erzielte aus einer Nebentätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen von 156,91 EUR. Für den streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte ergänzende SGB II-Leistungen mit Änderungsbescheid vom 23. Juni 2011 u.a. für den Monat März 2011 in Höhe von 368,56 EUR (je 184,82 EUR), für die Monate April und Mai 2011 in Höhe von 373,22 EUR (je 186,61 EUR) sowie für den Monat Juni 2011 in Höhe von 505,73 EUR (252,87 EUR für den Kläger und 252,56 EUR für die Klägerin).
Bei Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrags für den Zeitraum ab Juli 2011 fiel dem Beklagten aufgrund des Belegs über die Kfz-Haftpflichtversicherung auf, dass die Kläger offenbar anstelle des früheren Kfz nunmehr einen M. (115 kW EZ: 08.2009) besaßen. Mit Schreiben vom 23. Juni 2011 forderte er sie auf, weitere Angaben zum Vermögen und zum Autokauf zu machen. Daraufhin legten die Kläger am 6. Juli 2011 eine an den Kläger gerichtete Rechnung des Autohauses vom 10. Februar 2011 über den Verkauf eines "M." zum Gesamtpreis von 22.990 EUR vor. Auf dem Vertrag ist die Barzahlung des Kaufpreises am 11. Februar 2011 quittiert. Weiter legten sie folgendes Dokument vor:
"Schenkung
Wir, die Eheleute H. und E. B., schenken unserer Tochter und ihrem Ehemann, G. und M. M., den PKW M., der von uns bar bezahlt wird.
Die Schenkung des PKW ist erforderlich, da deren 19 Jahre alte PKW A. mit dem amtlichen Kennzeichen ... nicht mehr fahrbereit und schrottreif ist.
Wir sind über 80 Jahre alt und nicht mehr bei guter Gesundheit. Ich, H. B., bin stark gehbehindert (Endoprothese rechts und links) und auf Gehhilfen angewiesen. Wir sind auf die Hilfe unseres Schwiegersohnes angewiesen, der uns zu Ärzten, zum Einkaufen etc. fahren muss. Eine erneute Hüftoperation steht in Kürze an.
Da den Kindern kein Sparvermögen zur Verfügung steht, um sich ein Auto zu kaufen, schenken wir ihnen den PKW.
D., den 10.02.2011
Unterschriften
H. und E. B."
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 7. Juli 2011 hob der Beklagte gegenüber den Klägern zu 1 und 2 den Bewilligungsbescheid vom 23. Juni 2011 für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. Juni 2011 vollständig auf. Er stützte den Bescheid auf § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III). Gemäß § 50 SGB X habe der Kläger 810,37 EUR und die Klägerin 810,36 EUR zu erstatten. Zur Begründung führte er aus, die Schenkung eines Betrags von 22.990 EUR für den Kauf eines Pkws stelle Einkommen dar, das als einmalige Einnahme ab dem Monat nach dem Zufluss gemäß § 11 SGB II auf sechs Monate verteilt anzurechnen sei. Aufgrund des Einkommens seien die Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II. Sie hätten Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs geführt habe. Zudem seien sie ihrer Verpflichtung aus § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), alle leistungserheblichen Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2011 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag für die Zeit ab 1. Juli 2011 ab. Aufgrund des anzurechnenden Einkommens aus der Schenkung - verteilt auf sechs Monate - seien die Kläger nicht hilfebedürftig.
Gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide legten d...