Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht einer Modedesignerin in der Künstlersozialversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Modedesignerin bzw ein Modedesigner gehört zu den Künstlern, bei denen das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen ist. Auf eine Anerkennung als Künstler in fachkundigen Kreisen kommt es nicht an. Diese ist nur erforderlich, wenn es um die Abgrenzung zu einem "kreativen" Handwerksberuf geht.
2. Künstlerische Elemente müssen das Gesamtbild der Beschäftigung prägen; eine Modedesignerin muss tatsächlich überwiegend mit der Gestaltung von Entwürfen beschäftigt und nicht als Schneiderin tätig sein.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 7. Mai 2007 abgeändert. Unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 10. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2004 wird festgestellt, dass die Klägerin vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 nach § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungspflichtig ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Modedesignerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) versicherungspflichtig ist.
Die geborene Klägerin studierte von bis an der Hochschule in H. und erlangte einen Abschluss als Diplom-Modedesignerin. Danach hatte sie nach eigenen Angaben einen Lehrauftrag am Berufsbildenden Institut H. für Design-, Kunst- und Kostümgeschichte inne.
Zum 12. April 1999 zeigte sie bei dem Finanzamt H. den Beginn einer freiberuflichen Tätigkeit - Modedesign und Koordination der Fertigung und Marketing, Grafikdesign, Kostümdesign - an. Zum 1. September 1999 schloss sie mit einer Schneiderin einen Arbeitsvertrag, musste dieser aber zum 15. Oktober 2000 aus betrieblichen Gründen kündigen. Danach arbeite sie ohne Schließung eines Arbeitsvertrages mit einer anderen Schneiderin zusammen. Im Zeitraum Dezember 2002 bis November 2003 bezog die Klägerin Sozialhilfe. Während dieser Zeit führte sie Kostümpraktika bei Filmproduktionsfirmen durch (vom 2. Juli bis zum 21. August 2003 und vom 25. August bis zum 2. Oktober 2003).
In einem Fragebogen der Beklagten gab sie im Dezember 2003 an, als Garderobiere/Kostümbildnerin bzw. auf dem Gebiet Modedesign (hauptsächlich) für Braut- und Festmode/Umstandsmode, Grafikdesign selbständig künstlerisch tätig zu sein. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte sie, zu 98% die Tätigkeit als Modedesignerin und Kostümbildnerin auszuüben. Begonnen hätte sie ihre Tätigkeit im April 1999. Sie legte außerdem einen Flyer, eine Kopie ihres Eintrags in den Gelben Seiten, den Nachweis ihres Internetauftritts ( ) und Rechnungen für von ihr erbrachte Leistungen vor.
Mit Bescheid vom 10. März 2004 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Zur Begründung führte sie u. a. aus, die Tätigkeit könne nicht als künstlerisch/publizistisch im Sinne des KSVG angesehen werden. Würden Einzelstücke nach eigenen Entwürfen manuell angefertigt, liege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) keine künstlerische Tätigkeit vor, wenn der Produzent seine Wertschätzung und sein Einkommen nicht allein aus seiner Entwurfstätigkeit, sondern auch aus dem mit handwerklicher Qualität hergestellten Endprodukt beziehe. Dies gelte insbesondere dann, wenn dieses Endprodukt mit vergleichbaren Produkten aus industrieller oder rein handwerklicher Tätigkeit konkurriere. Der derzeitige Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin liege in der Maßschneiderei und somit im handwerklichen Bereich. Es erfolge keine Vermarktung der eigenen Entwürfe sowie Kollektionen über Modefirmen, sondern es würden Kleidungsstücke nach Kundenwünschen entworfen und erstellt. Eine erwerbsmäßige Tätigkeitsausübung im Bereich Modedesign liege daher trotz vorhandenem Diplom im Bereich Modedesign nicht vor.
Gegen den Bescheid erhob die Klägerin am 7. April 2004 Widerspruch, den sie u. a. damit begründete, dass sich ihre Tätigkeit auf den kreativen und gestalterischen Anteil bei der Erschaffung der Mode beschränke. Die Annahme einer überwiegend "maßschneiderischen" Tätigkeit treffe auf sie nicht zu. Dafür fehlten ihr die Ausbildung und die handwerklichen Fähigkeiten. Ihre Entwürfe seien nicht mit industrieller bzw. rein handwerklicher Konfektion vergleichbar. Als diplomierte Modedesignerin gestalte sie Entwürfe und lasse diese von einer Schneidermeisterin fertigen. Die Zuordnung zum Bereich der Kunst sei nach der Rechtsprechung unproblematisch, wenn sich die Tätigkeit nicht auf die Herstellung des Endproduktes erstrecke, wie dies etwa bei einem Designer der Fall sei, der sich allein mit der Anfertigung von Entwürfen beschäftige. Außerdem beschrieb sie den Ablauf der Zusammenarbeit mit ihren Kundinnen und teilte mi...