Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Leistungspflicht der Krankenkasse für Zahnersatz nur bis zum Festzuschuss auch bei Unverträglichkeit von Materialien. Kostenerstattung aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung. notwendige Beiladung des Trägers der Sozialhilfe bzw der Grundsicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Unverträglichkeit von Materialien begründet selbst dann keine über den einfachen bzw. doppelten Festzuschuss für Zahnersatz hinausgehende Leistungspflicht der Krankenkasse, wenn sie bereits zu Krankheitserscheinungen an anderen Organen geführt hat (vgl BSG vom 8.3.1995 - 1 RK 7/ 94 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5 = BSGE 76, 40 ständige Rechtsprechung). Dies gilt auch auf Grundlage der am 1.2.2005 in Kraft getretenen Neufassung §§ 55, 56 SGB 5.

2. Soweit die Richtlinie des GBA über eine vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (juris: ZÄVersorgRL) in der ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung in Abschnitt C Ziff 14 Sollvorschriften über die vertragszahnärztliche Versorgung bei nachgewiesener Werkstoffallergie enthält, folgt daraus kein Anspruch des Versicherten auf einen höheren Zuschuss als nach der gesetzlichen Regelung.

3. Zur Frage eines Anspruchs auf volle Kostenerstattung aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung.

4. Zur Frage der Beiladung des Trägers der Sozialhilfe bzw der Grundsicherung, wenn über den doppelten Festzuschuss für Zahnersatz hinausgehende Leistungen im Streit stehen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen weiteren Kostenzuschuss für die bei ihm durchgeführte metallfreie Zahnversorgung des Unterkiefers in Höhe von 1.885,23 € zu gewähren.

Der am … 1964 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger beantragte am 31. Mai 2005 unter Vorlage eines Heil- und Kostenplanes seines Zahnarztes H. vom 24. Mai 2005 zunächst die Übernahme von 65 % der Gesamtkosten für eine metallfreie Neuanfertigung der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen im Unterkiefer auf Grund einer Metallallergie. Im Juni 2005 stellte er den Antrag auf den doppelten Festzuschuss auf Grund der Härtefallregelung und fügte Unterlagen über seine Einkommenssituation bei. Erst im Juli 2004 war eine umfangreiche Versorgung des Gebisses des Klägers durch den Zahnarzt Sch. erfolgt, an deren Kosten sich die Beklagte zu 65 % beteiligt hatte.

In einem daraufhin seitens der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 28. Juni 2005 ist ausgeführt, auf Grund einer vorhergehenden mangel- und fehlerhaften Kronen- und Brückenversorgung sei eine vollständige Neuversorgung angezeigt. Eine Unverträglichkeit oder Allergie des Klägers gegenüber den Dentalmaterialien sei im Rahmen der klinischen Untersuchung und der vorliegenden Befunde nicht verifizierbar. Sofern der Kläger eine Neuversorgung mit metallfreien Materialien wünsche, sei darauf zu verweisen, dass auch eine derartige technische Ausführung die Übernahme der im Heil- und Kostenplan vom 24. Mai 2005 aufgeführten Festzuschüsse rechtfertige.

Daraufhin bewilligte die Beklagte am 27. Juli 2005 einen Festzuschuss unter Anerkennung eines Härtefalls. Daraus ergab sich eine vorläufig bewilligte Summe in Höhe von 3.440,46 € von insgesamt auf 6.466,49 € geschätzten Behandlungskosten.

Hiergegen legte der Kläger am 3. August 2005 Widerspruch ein. Die zur Behandlung einer Allergie anfallenden Kosten gehörten zu den Leistungen der Krankenkassen. Daran habe die gesetzliche Neuregelung zum Zahnersatz nichts geändert, da die Sonderfälle der Allergien vor der Gesetzesänderung im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt gewesen und durch die Neuregelung nicht von der Leistungspflicht der Krankenversicherung ausgeschlossen worden seien. Die vorgesehene Versorgung werde von ihm nicht aus kosmetischen Gründen gewählt, sondern weil sie medizinisch notwendig sei. Hierzu wies der Kläger ausdrücklich auf einen beigefügten Allergietest hin, der eine starke Molybdänallergie ergeben habe. Diese Diagnose habe die Beklagte zu akzeptieren. Der Test sei medizinisch validiert und das durchführende Labor sei nach einer bestimmten DIN-Kennziffer akkreditiert. Auch eine EAV-Diagnose (Elektroakupunktur nach Voll) von Dr. J., L., vom 19. April 2005 bestätige die Unverträglichkeit der verwendeten Brückenmaterialien. Der Gutachter des MDK habe eine Allergie und damit eine Gesundheitsschädigung nicht ausschließen können. Die im Heil- und Kostenplan angegebene “andersartige Versorgung„ sei die in seinem Fall wirtschaftlichste Variante der medizinisch notwendigen Versorgung. Als Alternative komme nämlich bei ihm nur eine Hochgoldlegierung in Betracht, die nach Aussage des Dentallabors noch teurer sei.

Mit Bescheid vom 15. August 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die befundbezogenen Festzuschüsse orientierten sich an der prothetischen Regelversorgung und nicht an einer im Einzelfall m...

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