Leitsatz
a) Der Mieter hat keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für Maßnahmen, die zur nachhaltigen Mangelbeseitigung ungeeignet sind.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
b) Die Pflicht des Vermieters zur Mangelbeseitigung entfällt, soweit diese einen Aufwand erfordert, der in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Mieters steht. Darüber hinaus sind weitere Umstände zu berücksichtigen. Hierzu zählt insbesondere ein Verschulden des Vermieters am Mangel, das vorliegen kann, wenn der Vermieter über eine längere Zeit keine Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt hat und deshalb besonders hohe Reparaturkosten entstanden sind (Fortführung von BGH, Urteil v. 20.7.2005, VIII ZR 342/03, NJW 2005 S. 3284).
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 275 Abs. 2, 536a Abs. 2 Nr. 1
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über ein in den Jahren 1965 bis 1975 errichtetes Reihenhaus in Dresden zu einer monatlichen Miete von ca. 350 EUR. Das Gebäude weist an den Innen- und Außenwänden erhebliche Risse auf, die zu Folgeschäden am Schornstein, Dach und an den Fenstern geführt haben. Die Kosten für die Beseitigung der Schäden und das Verschließen der Risse mit einer Kunstharzmasse betragen ca. 47.500 EUR. Die Vermieterin hat die Reparatur abgelehnt. Sie macht geltend, dass die Rissbildung aufgrund der mangelhaften Festigkeit des Baugrunds fortschreite. Die möglichen Sanierungskosten betragen nach Schätzung der Vermieterin ca. 170.000 EUR. Der Verkehrswert des Gebäudes betrage demgegenüber nur 28.000 EUR.
Die Mieterin hat die Vermieterin auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 47.500 EUR für die Mangelbeseitigung in Anspruch genommen. Das Landgericht gab der Klage statt.
Der BGH hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben: Der Mieter kann einen Mangel selbst beseitigen, wenn sich der Vermieter in Verzug mit der Mangelbeseitigung befindet (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach obergerichtlicher Rechtsprechung steht dem Mieter zu diesem Zweck ein Anspruch auf Zahlung der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten zu (BGH, Urteil v. 28.5.2008, VIII ZR 271/07, NJW 2008 S. 2432). Allerdings besteht das Selbstbeseitigungsrecht nur für solche Reparaturmaßnahmen, die "nach vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise nötig und zweckmäßig sind". Vorliegend ist unklar, ob durch die vom Mieter beabsichtigte Reparatur (Verschließen der Risse mittels einer Kunstharzmasse) eine nachhaltige Mängelbeseitigung erfolgt. Dies ist zu verneinen, wenn die Vermutung der Vermieterin zutrifft, dass die Rissbildung ihre Ursache in der mangelhaften Festigkeit des Baugrunds hat und deshalb weiter fortschreitet. Deshalb müsse zunächst die Ursache der Rissbildung festgestellt werden.
Vorschussklage muss Mieter darlegen
Im Allgemeinen ist die Feststellung der Mangelursache Sache des Vermieters. Dies gilt aber nur, wenn der Mieter den Vermieter auf Mangelbeseitigung in Anspruch nimmt. Anders ist es, wenn er eine Vorschussklage auf Zahlung der Mangelbeseitigungskosten erhebt. In diesem Fall muss der Mieter darlegen, dass die von ihm beabsichtigte Maßnahme zweckdienlich und zur dauerhaften Mangelbeseitigung tauglich ist. Ob ein Mieter einen Vorschuss für die Kosten eines Gutachtens zur Feststellung der Mangelursache verlangen kann, hat der BGH offengelassen.
In einem weiteren Teil der Entscheidung befasst sich der BGH mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter eine unwirtschaftliche Mangelbeseitigung verweigern kann. Er hat hierzu bereits in dem Urteil vom 20.7.2005 (VIII ZR 342/03) ausgeführt, dass die Pflicht zur Mangelbeseitigung nach § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB entfällt, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Mieters steht. Aus dieser Vorschrift leitet der BGH ab, dass die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der Mietsache dort endet, wo der erforderliche Aufwand die sog. Opfergrenze übersteigt. Diese Opfergrenze ist nicht allgemein zu bestimmen, sondern muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Parteiinteressen ermittelt werden. Es darf "kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits".
An diese Rechtsprechung knüpft der BGH an. Er führt ergänzend aus, dass neben dem Verhältnis zwischen dem Wert der Mietsache und den Kosten der Reparatur weitere Umstände zu berücksichtigen sind. Hierzu zählt insbesondere ein Verschulden des Vermieters am Mangel. Dieses Kriterium spielt eine Rolle, wenn die Reparaturkosten deshalb besonders hoch sind, weil der Vermieter über eine längere Zeit keine Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt hat.
Der BGH hat das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil die entscheidungserheblichen Umstände (Mangelursache und Z...