1.3.1 Beweislast für anfängliche Mängel

Ist streitig, ob ein Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war, muss der Vermieter nach den Regeln des allgemeinen Schuldrechts die vertragsgemäße Erfüllung beweisen. Anders ist es, wenn der Mieter eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen hat.[1] Dann muss der Mieter beweisen, dass die Leistung mangelhaft gewesen ist.[2]

 
Achtung

Formularklausel zur mangelfreien Übergabe ist unwirksam

Jedoch ist zu beachten, dass eine Klausel, wonach der Mieter die Übergabe im mangelfreien Zustand bestätigt, gegen § 309 Nr. 12b BGB verstößt.[3]

Hat der Mieter die Mietsache angenommen, jedoch gem. § 536b Satz 3 BGB erklärt, dass er sich seine Rechte vorbehalte, muss er im Streitfall den anfänglichen Mangel und die Erklärung des Vorbehalts beweisen.

Ist der Mangel unstreitig und behauptet der Vermieter, dass die Minderung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Mieter ausgeschlossen sei, so ist die Ausschlussvereinbarung vom Vermieter zu beweisen.

[3] LG Freiburg, Urteil v. 9.10.2007, 9 S 37/07, WuM 2008 S. 334; Horst, DWW 2011, S. 129, 133.

1.3.2 Beweislast für nachträgliche Mängel

Zahlt der Mieter nur einen Teil der vereinbarten Miete und macht der Vermieter den Anspruch auf die restliche Miete geltend, so muss der Mieter darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen. Im Einzelnen muss sich aus dem Vortrag des Mieters ergeben, dass die Mietsache nicht oder nicht mehr dem vertragsgemäßen Zustand entspricht und dass hierdurch die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist. Zur Höhe der Minderungsquote muss der Mieter nichts ausführen.

Wendet der Vermieter ein, dass durch den Mangel die Tauglichkeit der Mietsache nur unerheblich beeinträchtigt ist, so muss der Vermieter die tatsächlichen Voraussetzungen des in § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB geregelten Ausnahmetatbestands darlegen und beweisen.[1] Dies ist insbesondere dann von praktischer Bedeutung, wenn der zur Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand streitig ist. Hier muss der Vermieter beweisen, dass der Mangel ohne wesentlichen Aufwand zu beseitigen ist.

Hat der Mieter den Mangel angezeigt und die Miete unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt, so muss der Mieter im Rückforderungsprozess die Voraussetzungen des § 812 BGB darlegen und beweisen. Eine (teilweise) rechtsgrundlose Zahlung setzt voraus, dass die Miete wegen eines Mangels gemindert war. Die Zahlung unter Vorbehalt führt also zu einer Umkehr der Beweislast.

1.3.3 Darlegungslast

Um die Darlegungslast zu erfüllen, muss der Mieter nach allgemeinen Grundsätzen konkrete Tatsachen vortragen, aus denen sich ergibt, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist. Es genügt, wenn der mangelhafte Zustand hinreichend genau beschrieben wird. Die Angabe weiterer Einzelheiten ist i. d. R. entbehrlich.[1] Insbesondere muss der Mieter weder zur Ursache der Mängel noch zum Ausmaß der Beeinträchtigung oder zur Höhe der Minderung etwas ausführen. Unbeschadet hiervon muss er aber diejenigen Anknüpfungstatsachen darlegen, um die Gebrauchsbeeinträchtigung beurteilen zu können.[2]

Deshalb muss sich aus dem Vortrag des Mieters auch ergeben, dass und in welchem Umfang der Gebrauch der Mietsache durch den Mangel "aufgehoben"[3] oder "gemindert"[4] ist. Das Gericht darf den Vortrag des Mieters zum Gewicht der Gebrauchsbeeinträchtigung nicht bagatellisieren. Dies bedingt bei der Darstellung der Mängel, dass diese grundsätzlich auch mit dem ihnen vom Mieter beigelegten Gewicht zu bewerten sind. Werden vom Mieter schwerwiegende Gebrauchsbeeinträchtigungen behauptet, so müssen sich die Gerichte ein nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon verschaffen, welche Folgen im Einzelnen damit für den Mieter verbunden sind. Regelmäßig ist zu diesem Zweck ein gerichtlicher Augenschein angezeigt. Anderenfalls kann die unterlassene Beweisaufnahme als Verletzung des rechtlichen Gehörs gewertet werden.[5]

 
Praxis-Tipp

Lärmprotokoll ist nicht zu führen

Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt,

  • um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o. Ä.) es geht,
  • zu welchen Tageszeiten,
  • über welche Zeitdauer und
  • in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten.

Der Vorlage eines "Protokolls" bedarf es nicht.[6]

Der Vermieter muss zu dem Vortrag des Mieters Stellung nehmen. Hat der Vermieter die Wohnung besichtigt, so kann er sich nicht mit Nichtwissen erklären. Nach der hier vertretenen Ansicht muss der Vermieter von seinem Besichtigungsrecht Gebrauch machen, um sich so die zum substanziierten Vortrag erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen; eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur möglich, wenn der Mieter die Besichtigung verweigert. Wird der Mangel vom Vermieter bestritten, so muss das Gericht hierüber Beweis erheben. Der Umstand, dass ...

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