Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 Abs. 1, 3 WEG, § 133 BGB, § 242 BGB, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. In der Teilungserklärung war ein Sondereigentum unter Bezugnahme auf den Aufteilungsplan als "Laden" bezeichnet. In der Gemeinschaftsordnung war weiter vereinbart, dass unter vorerwähnten "Läden""nicht zu Wohnzwecken dienende Räume" zu verstehen seien. Im Aufteilungsplan war zum Erdgeschoss bei 2 Raumeinheiten, nicht jedoch beim Sondereigentum des Antragsgegners das Wort "Laden" eingetragen. In einer Schnittzeichnung war an einer Stelle auch das Wort "Bistro" vermerkt. Seit 1985 wurde in der einen Sondereigentumseinheit des Antragsgegners eine Gaststätte mit Öffnung bis 1.00 Uhr morgens betrieben, durch die sich die Antragsteller belästigt fühlten.
2. Ein Rechtsbeschwerdegericht kann die im Grundbuch eingetragene Teilungserklärung selbstständig auslegen. Wird insoweit Sondereigentum in der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung als "Laden" bezeichnet, so stellt dies eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gem. § 15 Abs. 1 WEG dar (h. R. M.). Auch im vorliegenden Fall sei durch diese Vereinbarung eine verbindliche Gebrauchsregelung getroffen worden und damit jedenfalls jede andere Nutzung unzulässig, die mehr als ein Laden störe oder sonst beeinträchtige (h. M.). Anders als in der Entscheidung des Senats (BayObLGZ 1988, 238ff.) bestehe hier kein Widerspruch zwischen Vereinbarungen in der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung. Auch in der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung sei wiederholt von Läden auch bzgl. der Räumlichkeiten des Antragsgegners die Rede. Eine abweichende Vereinbarung zum Teilungserklärungsbeschrieb mit großzügigerer Gebrauchsregelung im Sinne der Zulässigkeit einer unbeschränkten gewerblichen Nutzung finde sich - abgesehen von einer überflüssigen Definition - hier nicht. Mangels subjektiver Auslegungsgebote käme es nicht auf Zeugeneinvernahmen an und die Tatsache, welche Vorstellungen die an der Beurkundung der Teilungserklärung Beteiligten mit dieser Klausel verbunden und was sie mit ihr bezweckt hätten. Auch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan bestehe kein Widerspruch, es könne daher auf sich beruhen, welche rechtliche Bedeutung solchen Angaben wie "Laden" oder "Büroraum" im Aufteilungsplan zukomme und wie ein Widerspruch zwischen diesem und der Teilungserklärung zu beurteilen wäre (vgl. hierzu BayObLG WuM 1985, 238, OLG Zweibrücken ZMR 1987, 228; OLG Stuttgart ZMR 1989, 312 und 1990, 190). Im vorliegenden Fall wurde eine verbindliche Gebrauchsregelung in der Teilungserklärung getroffen; die Eintragung des Worts "Bistro" in einer offensichtlich mit dem Nachtrag zur Teilungserklärung zu den Grundakten gelangten Seitenschnittzeichnung habe keine rechtliche Bedeutung, da solche Seitenschnitte grundsätzlich nicht die Aufgabe eines Aufteilungsplans erfüllten und sich überdies das Wort "Bistro" räumlich nicht auf die Einheit des Antragsgegners beziehe. Öffentlich-rechtliche Genehmigungen seien im Übrigen für das Rechtsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander unmittelbar ohne Bedeutung.
3. Im vorliegenden Fall läge auch in der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch einen Eigentümer keine missbräuchliche Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Auch Verwirkungsgesichtspunkte scheiterten bereits an der Voraussetzung des Zeitmoments. Vorliegend sei kein Vertrauenstatbestand zugunsten des Antragsgegners geschaffen worden. Konkurrierende Ansprüche aus § 15 Abs. 3 WEG und § 1004 Abs. 1 BGB stünden jedem Wohnungseigentümer als Individualanspruch zu, so dass Voraussetzungen rechtsmissbräuchlichen Handelns gesondert für jede antragstellende Eigentümerseite zu prüfen seien.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 14.02.1991, BReg 2 Z 153/90)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer