Leitsatz
Wer als Planer für seine Kunden mit Netz und doppeltem Boden arbeitet und für eine überdimensionierte Statiksicherheit Mehrkosten verursacht, läuft Gefahr auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, wenn sich herausstellt, dass der Sicherheitszuschlag überflüssig war.
Sachverhalt
Ein Generalunternehmer, der zu einem Pauschalfestpreis ein Wohn- und Geschäftshaus errichten sollte, beauftragte einen Tragwerksplaner mit den statischen Berechnungen für das Gebäude. Zur Vertragsgrundlage wurde eine erste Berechnung des Statikers verwendet. Bald schon kam ein Nachtrag des Ingenieurs: Er plante die Gründungsplatte um. Durch diese Umplanung musste der Generalunternehmer mehr Stahl einbauen und die Betongüteklasse erhöhen. Das war mit Kosten verbunden, die der Bauherr unter Hinweis auf den vereinbarten Festpreis nicht ersetzen wollte. Das Bauunternehmen gelangte später zur Meinung, dass die Umplanung technisch nicht erforderlich gewesen und die Bodenplatte für das Gebäude überdimensioniert geplant worden sei. Es verlangte die Mehrkosten für die seiner Ansicht nach überflüssige Umplanung in Höhe von annähernd 100000 EUR nun vom Statiker. Auch der weigerte sich zu bezahlen.
Die vom Generalunternehmer daraufhin eingereichte Klage wurde von den Gerichten zunächst abgeschmettert. Die Argumente der Eingangs- und Berufungsinstanz: Der Planer habe eine einwandfreie und rechtzeitige Planung geliefert, weil die Bodenplatte technisch und statisch ohne Mängel sei. Und das sei schließlich seine Hauptpflicht aus dem Vertrag. Die von dem Generalunternehmer behauptete Überdimensionierung der Bodenplatte betreffe dagegen nur wirtschaftliche Gesichtspunkte. Dadurch seien auch keine Nebenpflichten aus dem Ingenieurvertrag verletzt. Dem Planer sei mit dem Ingenieurvertrag weder die Ermittlung und Kontrolle von Kosten übertragen worden, noch habe ein Kostenrahmen existiert.
Das sah der BGH anders: Ein Mangel eines Ingenieurwerks kann auch vorliegen, wenn die Planung zwar technisch funktionstauglich ist, aber gemessen an der vertraglichen Leistungsverpflichtung ein übermäßiger Aufwand betrieben wird. Ein Vertrag über eine Planungsleistung ist so auszulegen, dass die Planung einen übermäßigen, nach den Umständen und insbesondere den Anforderungen der Technik unnötigen Aufwand vermeiden soll. Sowohl der Architekt als auch der Ingenieur haben im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte ihres Auftraggebers zu beachten. Dabei müssen sie zwar nicht "so kostengünstig wie möglich" bauen. Sie müssen aber auf die wirtschaftlichen Vorgaben und Belange des Bauherrn Rücksicht nehmen. Mit diesen Vorgaben verwiesen die Richter die Sache zurück ans Berufungsgericht. Dieses muss durch ein Sachverständigengutachten ermitteln lassen, ob sich die Umplanung noch im Rahmen des planerischen Ermessens hielt oder ob sie wirklich überflüssig war.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 9.7.2009, VII ZR 130/07.