Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Es stellt keine sachgerechte Lösung dar, die Kosten der Dachsanierung eines der Häuser einer Mehrhausanlage nur auf die Eigentümer umzulegen, die im betreffenden Haus Sondereigentumseinheiten besitzen. So mag es zwar sein, dass es sich um das Dach handelt, welches gerade jenes Gebäude abdeckt, in dem sich nur Wohnungen der durch den streitgegenständlichen Beschluss kostenbelasteten Eigentümer befinden. Dabei wird aber übersehen, dass das Dach keine exklusiven Gebrauchsmöglichkeiten für diese Eigentümer bietet.
Fakten:
Die Wohnungseigentumsanlage besteht vorliegend aus drei Häusern. Bei einem handelt es sich um eine anfangs des letzten Jahrhunderts errichtete Villa sowie zwei in den 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete Mehrparteienhäuser. Das Dach der Villa war sanierungsbedürftig. Auf Grundlage der Bestimmung des § 16 Abs. 4 WEG beschlossen die Wohnungseigentümer mit der erforderlichen doppelten Qualifizierung, dass die Sanierungskosten in Höhe von über 40.000,00 Euro entgegen den Bestimmungen in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung nur von den beiden Wohnungseigentümern zu tragen seien, die Eigentümer von Sondereigentumseinheiten im Villengebäude sind. Einer der beiden Villen-Eigentümer hatte diesen Beschluss angefochten. Das erstinstanzlich befasste Amtsgericht hatte die Anfechtungsklage abgewiesen. Die Berufung vor dem Landgericht München I hatte Erfolg. Grundsätzlich haben die Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 4 WEG die Kompetenz eine vom Gesetz oder einer Vereinbarung abweichende Verteilung der Kosten, insbesondere auch einer Instandsetzungsmaßnahme, zu beschließen. Voraussetzung ist jedoch, dass die geänderte Kostenverteilung dem Maßstab des Gebrauchs bzw. der Möglichkeit des Gebrauchs der von der Instandsetzungsmaßnahme betroffenen Gemeinschaftsbereiche Rechnung trägt. Diese Voraussetzung ist jedoch bei einem Gebäudedach nicht erfüllt. Denn das Dach bietet keine exklusive Gebrauchsmöglichkeit für die betreffenden Eigentümer, deren Sondereigentumseinheiten in dem jeweiligen Haus liegen. Ohne Dach gibt es des Weiteren kein Gebäude und somit kein Gemeinschaftseigentum. Auch darf der Nutzen des betreffenden Dachs für die übrigen Wohnungseigentümer nicht verkannt werden. Neben der Funktion der Begründung einer Abgeschlossenheit besteht dieser in der entscheidenden optischen Prägung der Gesamtanlage. Zwar prägen auch Fenster und Balkone den optischen Wert der Gesamtanlage, diese jedoch bieten unzweifelhaft eine exklusive Gebrauchsmöglichkeit für bestimmte Wohnungseigentümer, woran es an einem Dach gerade fehlt.
Link zur Entscheidung
LG München I, Urteil vom 30.07.2009, 36 S 18003/08LG München I, Urteil vom 30.7.2009, Az: 36 S 18003/08; nicht rechtskräftig, Revision vor dem BGH, Az.: V ZR 164/09
Fazit:
Das LG München I hat die Revision vor dem BGH zugelassen, die derzeit unter der Geschäftsnummer V ZR 164/09 anhängig ist. Die Entscheidung des LG München I ist jedenfalls in seiner Begründung schlüssig, sodass zu erwarten steht, dass sich der BGH seiner Auflassung anschließen wird. Es wird jedenfalls in vergleichbaren Konstellationen derzeit davon abgeraten, entsprechende Kostenbelastungsbeschlüsse bei einer Dachsanierung zu fassen, bis der BGH entschieden hat.