Rz. 116
Das mexikanische Recht kennt keine der im deutschem Recht verankerten Trennung zwischen Außen- und Innenverhältnis vergleichbare Regelung, sondern verfolgt einen positivrechtlichen Ansatz: Ein Geschäftsführer ist immer nur insoweit vertretungsberechtigt, wie es seine Vollmacht gemäß Art. 10 Abs. 3 LGSM und die den Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag erteilten Befugnisse ausweisen. Zu diesem Zweck formulieren das mexikanische Recht und der Handelsbrauch einen Katalog an Vollmachten, beispielsweise in Art. 2554 CCF für bestimmte Bereiche, wie beispielsweise eine Vollmacht zur gerichtlichen Vertretung, zur Vertretung im Arbeitsrecht, zur Vertretung in Bankangelegenheiten, zur Vertretung bei der Aufnahme von Krediten etc. Überschreitet der Geschäftsführer oder sonstige Vertreter der Gesellschaft seine ihm jeweils übertragene Vollmacht, ist das entsprechende Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft nach Art. 1802 Satz 1 CCF nichtig, sofern der Geschäftsführer es nicht nachträglich in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Form rechtzeitig genehmigt, bevor die andere Partei vom Geschäft Abstand nimmt. Bei der S. de R.L. müssten also die Gesellschafter das Geschäft nachträglich durch notariell beglaubigten Gesellschafterbeschluss genehmigen.
Das Gegenüber wird nicht vor einem vollmachtlosen Vertreter geschützt, sondern muss sich selbst durch Einsicht in die Vollmachtsurkunde davon überzeugen, dass der Vertreter über die entsprechenden Vollmachten verfügt.
Rz. 117
Sofern der Gesellschaftsvertrag oder der Vollmachttext es nicht ausdrücklich verbietet, kann der Geschäftsführer oder sonstige Vertreter die Gesellschaft in Geschäften mit sich selbst vertreten; es fehlt an einer dem § 181 BGB vergleichbaren Bestimmung. Auch die Mehrfachvertretung ist grundsätzlich zulässig. Es ist auch möglich, ein Vier-Augen-Prinzip, also eine nur gemeinschaftliche Vertretungsberechtigung, festzulegen.
Rz. 118
Da Geschäftsführern und sonstigen Vertretern Vollmachten positivrechtlich erteilt werden müssen, sind vom Grundgedanken her Beschränkungen gar nicht notwendig, sondern die nicht gewünschte Vollmacht, beispielsweise für Grundstücksgeschäfte, wird einfach weggelassen. Die Praxis orientiert sich an gesetzlich oder durch Handelsbrauch vorformulierten Vollmachttexten, die sich aber beispielsweise summenmäßig oder inhaltlich weiter einschränken lassen. Allerdings führt eine Abweichung vom Standardtext immer wieder dazu, dass Vollmachten von Behörden oder Vertragspartnern nicht anerkannt werden. Möchte man eine Beschränkung nur im Innenverhältnis mit der Gesellschaft erreichen, so kann man die zustimmungspflichtigen Geschäfte auf Ebene eines Arbeits- oder Dienstleistungsvertrags mit dem Geschäftsführer erreichen.