Rz. 111
Die Geschäftsführung einer S. de R.L. obliegt gemäß Art. 10 Abs. 1, 74 LGSM einem oder mehreren Geschäftsführern (gerentes), die grundsätzlich befugt sind, alle dem Gesellschaftszweck immanenten Handlungen auszuführen, sofern das Gesetz und der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorsehen. Dem Geschäftsführer müssen jeweils für einzelne Rechts- und Geschäftsgebiete konkrete Vollmachten explizit zugeteilt werden; es fehlt an einer dem deutschen Recht in § 37 Abs. 2 GmbHG vergleichbaren Bestimmung, sodass sich der Rechtsverkehr gerade nicht auf die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers im Einzelfall verlassen kann, sondern die konkreten Vollmachten zu prüfen sind.
I. Geschäftsführer
Rz. 112
An den Geschäftsführer stellt das Gesetz bis auf Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit keine besonderen Anforderungen; allerdings können Geschäftsführer durch strafrechtliches Urteil von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Die Fremdgeschäftsführung durch einen Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, ist nach Art. 74 Abs. 1 Satz 1 LGSM ausdrücklich zulässig. Hervorzuheben ist, dass mexikanische Geschäftsführer, insbesondere Fremdgeschäftsführer, bei einer Beschäftigung zu festen Arbeitszeiten dem mexikanischen Arbeitsrecht unterfallen, Arbeitsverträge geschlossen werden und, im Unterschied zum deutschen Recht, sie unter Umständen Kündigungsschutz genießen. Einem Geschäftsführer kommt im Arbeitsrecht dann in etwa die Stellung eines "leitenden Angestellten" (trabajador de confianza) zu, was eine Kündigung etwas erleichtert, aber in der Regel eine Abfindungszahlung erforderlich macht.
Eine Höchstzahl von Geschäftsführern sieht das Gesetz nicht vor.
II. Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer
Rz. 113
Die Geschäftsführer werden nach Art. 10 Abs. 1, 74 LGSM mittels Gesellschafterbeschluss bestellt und abberufen. Die Beschlüsse werden nach den allgemeinen Mehrheitsregeln getroffen und die Bestellung und Abberufung wird nach Art. 10 Abs. 2 LGSM mit notarieller Beglaubigung wirksam. Jede Bestellung, Abberufung oder sonstige Erteilung von Vollmachten oder deren Widerruf wird in das RPC eingetragen.
III. Geschäftsführung
Rz. 114
Der oder die Geschäftsführer sind nur im Rahmen ihrer Vollmachten zur Führung der Gesellschaft befugt, müssen andererseits aber auch in diesem Rahmen alles Notwendige tun, um den Gesellschaftszweck umzusetzen. Die Geschäftsführung muss die jährliche Gesellschafterversammlung nach Art. 80 LGSM am Gesellschaftssitz einberufen, in welcher sie nach Feststellung des Jahresergebnisses für ihr Handeln entsprechend entlastet wird.
Rz. 115
Nach Art. 76 Abs. 1 LGSM haftet die Geschäftsführung den Gesellschaftern gegenüber für die Verwaltung des Vermögens der Gesellschaft und die ordnungsgemäße Geschäftsführung. Bei mehreren Geschäftsführern kann sich ein Geschäftsführer dann entschulden, wenn er nachweislich keine Kenntnis von der Handlung eines anderen Geschäftsführers hatte oder er in einer entsprechenden Abstimmung der Geschäftsführung gegen die haftungsauslösende Handlung gestimmt hatte (Art. 76 Abs. 2 LGSM).
IV. Vertretung der Gesellschaft
1. Umfang der Vertretungsmacht des Geschäftsführers
Rz. 116
Das mexikanische Recht kennt keine der im deutschem Recht verankerten Trennung zwischen Außen- und Innenverhältnis vergleichbare Regelung, sondern verfolgt einen positivrechtlichen Ansatz: Ein Geschäftsführer ist immer nur insoweit vertretungsberechtigt, wie es seine Vollmacht gemäß Art. 10 Abs. 3 LGSM und die den Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag erteilten Befugnisse ausweisen. Zu diesem Zweck formulieren das mexikanische Recht und der Handelsbrauch einen Katalog an Vollmachten, beispielsweise in Art. 2554 CCF für bestimmte Bereiche, wie beispielsweise eine Vollmacht zur gerichtlichen Vertretung, zur Vertretung im Arbeitsrecht, zur Vertretung in Bankangelegenheiten, zur Vertretung bei der Aufnahme von Krediten etc. Überschreitet der Geschäftsführer oder sonstige Vertreter der Gesellschaft seine ihm jeweils übertragene Vollmacht, ist das entsprechende Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft nach Art. 1802 Satz 1 CCF nichtig, sofern der Geschäftsführer es nicht nachträglich in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Form rechtzeitig genehmigt, bevor die andere Partei vom Geschäft Abstand nimmt. Bei der S. de R.L. müssten also die Gesellschafter das Geschäft nachträglich durch notariell beglaubigten Gesellschafterbeschluss genehmigen.
Das Gegenüber wird nicht vor einem vollmachtlosen Vertreter geschützt, sondern muss sich selbst durch Einsicht in die Vollmachtsurkunde davon überzeugen, dass der Vertreter über die entsprechenden Vollmachten verfügt.
Rz. 117
Sofern der Gesellschaftsvertrag oder der Vollmachttext es nicht ausdrücklich verbietet, kann der Geschäftsführer oder sonstige Vertreter die Gesellschaft in Geschäften mit sich selbst vertreten; es fehlt an einer dem § 181 BGB vergleichbaren Bestimmung. Auch die Mehrfachvertretung ist grundsätzlich zulässig. Es ist auch möglich, ein Vier-Augen-Prinzip, also eine nur gemeinschaftliche Vertretungsberechtigung, festzulegen.
Rz. 118
Da Geschäftsführern und sonstigen Vertretern Vollmachten positivrechtlich e...