Leitsatz
1. Die Regelung des § 418 Abs. 1 BGB, wonach eine Mietbürgschaft im Fall einer Schuldübernahme erlischt, gilt nicht, wenn dem Mietvertrag ein weiterer Mieter beitritt. Bleibt der ursprüngliche Mieter in der Haftung, so bleibt auch die Bürgschaft bestehen.
2. Die Bürgschaft erlischt nicht, wenn die juristische Person, für die eine Bürgschaft geleistet wurde, im Handelsregister gelöscht wird. Vielmehr bleibt sie als selbstständiger Anspruch bestehen.
3. Der Umfang der Bürgenhaftung richtet sich nach der Bürgschaftsurkunde. Ist dort vereinbart, dass die Bürgschaft "zur Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag" dient, so haftet der Bürge für alle Ansprüche des Vermieters bis zum Vertragsende. Dies gilt auch für Ansprüche, die nach dem Ausscheiden des ursprünglichen Mieters entstehen.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 418 Abs. 1; 543 Abs. 1; 551
Kommentar
Zwischen dem Vermieter und einer GmbH als Mieterin besteht seit dem Jahr 1999 ein Mietvertrag über eine Ladenfläche in einem Einkaufszentrum. Die GmbH hatte zu Beginn des Mietverhältnisses eine Kaution in Form einer Bankbürgschaft über 33.540,75 EUR beigebracht. Nach dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde dient die Bürgschaft "zur Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag". Im Jahr 2002 ist Frau M. in den Mietvertrag als weitere Mieterin eingetreten. Anlässlich des Vertragsbeitritts wurde im Hinblick auf die Kaution Folgendes vereinbart: "Für den Fall, dass der bisherige alleinige Mieter, die Firma ... GmbH, vorzeitig aus dem Mietverhältnis ausscheiden sollte, leistet die weitere Mieterin anstelle der Firma ... GmbH eine Mietsicherheit i. H. von 33.540,75 EUR ...".
Im Jahr 2008 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit wurde die GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Die Bank hat die Bürgschaftsurkunde vom Vermieter zurückverlangt. Dieser hat Frau M. aufgefordert, eine Kaution von 33.540,75 EUR beizubringen. Frau M. hat die Kaution nicht geleistet. Deshalb hat der Vermieter das Mietverhältnis fristlos gekündigt. Das Gericht hatte über die Wirksamkeit der Kündigung zu entscheiden.
Der Vermieter kann ein Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten verletzt und dem Vermieter deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 BGB). Das Gericht führt hierzu aus, dass die Kündigungsvoraussetzungen nicht gegeben sind, weil Frau M. nicht zur Kautionszahlung verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
1. Die für eine Forderung bestellten Bürgschaften erlöschen infolge einer Schuldübernahme (§ 418 Abs. 1 BGB). Auf die Vertragsübernahme ist die Regelung entsprechend anzuwenden. Sowohl die Schuld- als auch die Vertragsübernahme setzen voraus, dass der bisherige Mieter aus dem Vertrag ausscheidet. Hier ist aber weder eine Schuldübernahme noch eine Vertragsübernahme gegeben, weil die GmbH Mieterin geblieben ist. Bleibt der ursprüngliche Mieter in der Haftung, so bleibt die Bürgschaft bestehen.
2. Die Bürgschaft erlischt nicht, wenn die juristische Person, für die eine Bürgschaft geleistet wurde, im Handelsregister gelöscht wird (BGH, Urteil v. 25.11.1981, VIII ZR 299/80, NJW 1982 S. 875). Vielmehr bleibt sie als selbstständiger Anspruch bestehen.
3. Der Umfang der Bürgenhaftung richtet sich nach der Bürgschaftsurkunde. Ist dort vereinbart, dass die Bürgschaft "zur Sicherung der Ansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag" dient, so haftet der Bürge für alle Ansprüche des Vermieters bis zum Vertragsende. Dies gilt auch für Ansprüche, die nach dem Ausscheiden des ursprünglichen Mieters entstehen. Hierzu zählen nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern auch Ansprüche wegen Schlechterfüllung der Rückgabepflicht.
4. Eine Vereinbarung, wonach der beitretende Mieter beim "Ausscheiden" des ursprünglichen Mieters eine Sicherheit beizubringen hat, ist dahingehend auszulegen, dass der Anspruch auf die Ersatzsicherheit nur entsteht, wenn das Sicherungsinteresse des Vermieters aufgrund des Ausscheidens des ursprünglichen Mieters nicht mehr gedeckt ist.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Urteil v. 30.11.2009, 5 U 86/09, ZfIR 2010 S. 152