Leitsatz (amtlich)
1. Eine Mietbürgschaft sichert den Vermieter bis zum vereinbarten Vertragsende auch dann, wenn dem Mietvertrag nachträglich ein 2. Mieter beigetreten ist, für den sich der Bürge nicht verbürgt hat. Dies gilt auch dann, wenn über das Vermögen des 1. Mieters - einer GmbH - das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, dieses abgeschlossen ist und die GmbH im Handelsregister gelöscht wurde.
2. Ist in einem solchen Fall zwischen den Parteien des Mietvertrags vereinbart, dass dann, wenn der 1. Mieter aus dem Mietvertrag ausscheiden sollte, der 2. Mieter an Stelle des 1. Mieters eine Mietsicherheit zu stellen hat, so ist dies dahin auszulegen, dass diese Sicherheit nur dann zu stellen ist, wenn damit der Verlust der vom 1. Mieter gestellten Sicherheit verbunden ist oder eine Lücke in der Absicherung besteht. Ist dies nicht der Fall, berechtigt die Weigerung des 2. Mieters, eine - zusätzliche - Sicherheit zu stellen, nicht die Kündigung des Mietvertrags.
Normenkette
BGB §§ 418, 546, 765
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen 35 O 136/08 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden Richters der 35. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 7.5.2009 - Geschäftsnummer: 35 O 136/08 KfH - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Streitwert der Berufung: 100.814,52 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Herausgabe und Räumung einer im Einkaufszentrum B. zum Betrieb eines Metzgereifachgeschäftes mit Imbiss vermieteten Ladenfläche.
Die Beklagte ist mit Nachtrag Nr. 5 vom 13.09/30.10.2002 zum Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Firma M. GmbH in diesen Mietvertrag vom 26.02./30.11.1999 als weitere Mieterin in das Mietverhältnis eingetreten. In dem Nachtrag hat sich die Beklagte unter Ziff. 3 verpflichtet, sämtliche Zahlungsverpflichtungen sowie sonstige Verbindlichkeiten als Gesamtschuldnerin neben der M. GmbH zu erfüllen. Unter Ziff. 5 des Nachtrags haben die Parteien folgende Vereinbarung getroffen:
"Für den Fall, dass der bisherige alleinige Mieter, die Firma M. GmbH, vorzeitig aus dem Mietverhältnis ausscheiden sollte, leistet die weitere Mieterin anstelle der Firma M. GmbH eine Mietsicherheit i.H.v. 33.540,75 EUR (...), die als Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Geldinstitutes gemäß beigefügtem Formular oder als nicht zu verzinsende Barkaution beizubringen ist."
Über das Vermögen der M. GmbH wurde kurz darauf das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 17.4.2008 ist die GmbH nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden.
Daraufhin hat die Volksbank L., die für die M. GmbH eine Mietbürgschaft (s. BK 1, Bl. 93 d.A.) übernommen hatte, die Herausgabe der Bürgschaft verlangt (Schreiben vom 18.8.2008, K 6, Schreiben vom 3.9.2008, K 9). Die Bürgschaft sei nur für die M. GmbH übernommen. Das Mietverhältnis zu dieser sei aber beendet. Für das bestehende Mietverhältnis hafte die Bürgschaft nicht mehr. Mit Schreiben vom 29.8.2008 (K 8) forderte die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme auf Ziff. 5 des Nachtrags auf, eine Mietsicherheit i.H.v. 33.540,75 EUR beizubringen, sei es als nicht zu verzinsende Barkaution, sei es als Bankbürgschaft, und setzte ihr erstmalig Frist bis zum 19.9.2008. Mit Schreiben vom 10.10.2008 (K 12), 23.10.2008 (K 14), 3.11.2008, (K 17), setzte die Klägerin der Beklagten weitere Fristen zum 17.10.2008/24.10.2008/7.11.2008 und drohte widrigenfalls die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses an. Nachdem die Beklagte keine neue Sicherheit stellte, kündigte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 7.11.2008 (K 21)/3.12.2008 (K 23) fristlos und forderte die Beklagte zur Herausgabe und Räumung auf.
Der auf "ordnungsgemäße Herausgabe" gerichteten Räumungsklage hat das LG Stuttgart mit Urteil vom 7.5.2009, der Beklagten zugestellt am 11.5.2009, mit folgendem Tenor antragsgemäß stattgegeben:
"Die Beklagte wird verurteilt, die im Erdgeschoss 1 des Einkaufszentrums B., gelegene Ladenfläche zum Betrieb eines Metzgerei-Fachgeschäftes mit dem typischen Imbissangebot unter der Bezeichnung "M." mit einer Größe von 144,01 qm, sowie die in dem im Erdgeschoss 1 des B. L. gelegene Nebenfläche (Lager) mit einer Größe von 7 qm, die in dem als Anlage 1 zum Urteil des LG beigefügten Lageplan rot gekennzeichnet sind, ordnungsgemäß an die Klägerin herauszugeben".
Die R. GmbH sei mit Löschung aus dem Mietverhältnis ausgeschieden, so dass die Voraussetzungen von Ziff. 5 des Nachtrags Nr. 5 für den Anspruch auf eine neue Mietsicherheit gegeben seien. Nachdem die Beklagte trotz Mahnung dem ni...