Leitsatz
Hat der Schuldner, gegen den der Zwangsverwalter aufgrund des die Zwangsverwaltung anordnenden Beschlusses die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe der vom Mieter geleisteten Barkaution betreibt, eidesstattlich versichert, er habe als Vermieter der der Zwangsvollstreckung unterliegenden Sache die Kaution mit rückständigen Mietzahlungen verrechnet, ist er im Verfahren der Herausgabevollstreckung regelmäßig nicht zu weitergehenden Auskünften darüber verpflichtet, mit welchen Forderungen er genau die Kaution verrechnet hat.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
ZPO § 883 Abs. 2; ZVG § 150 Abs. 2, § 152
Kommentar
Der Schuldner ist Eigentümer von vermieteten Gewerberäumen. Das Amtsgericht hat hinsichtlich des Eigentums die Zwangsverwaltung angeordnet und den Zwangsverwalter gem. § 150 Abs. 2 ZVG ermächtigt, sich den Besitz an der Mietsache zu verschaffen. Auf dieser Grundlage hat der Zwangsverwalter den Gerichtsvollzieher beauftragt, dem Vermieter die vom Mieter geleistete Barkaution wegzunehmen und an ihn – den Zwangsverwalter – herauszugeben. Der Vermieter hat eingewendet, er habe die Kaution mit Mietrückständen verrechnet. Dies hat er gegenüber dem Gerichtsvollzieher eidesstattlich versichert. Daraufhin hat der Zwangsverwalter den Gerichtsvollzieher zur Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung beauftragt: Der Vermieter möge offenlegen, mit welchen Forderungen er gegen die Kaution aufgerechnet habe. Diesen Auftrag hat der Gerichtsvollzieher abgelehnt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Ablehnung zu Recht erfolgt ist.
Dies wird vom BGH bejaht: Hat der Eigentümer das beschlagnahmte Grundstück vor der Beschlagnahme vermietet, so ist der Mietvertrag auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam. Der Zwangsverwalter ist zur Verwaltung der Mietsache verpflichtet. Zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört, dass sich der Zwangsverwalter in den Besitz einer beim Vermieter vorhandenen Mietkaution setzt. Dies gilt aus zwei Gründen: Zum einen muss der Zwangsverwalter in der Lage sein, auf die Kaution zuzugreifen, wenn der Mieter seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Zum anderen ist der Zwangsverwalter gegenüber dem Mieter verpflichtet, diesem die Kaution bei Mietende zurückzugewähren.
Ist die Kaution auf einem Sonderkonto angelegt oder wird sie vom Vermögen des Vermieters getrennt aufbewahrt, so genügt zur Zwangsvollstreckung der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung zusammen mit der Ermächtigung gem. § 150 Abs. 2 ZVG (BGH, Beschluss v. 14.4.2005, V ZB 6/05). Die Vollstreckung erfolgt gem. § 883 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Gerichtsvollzieher dem Vermieter die Kaution wegzunehmen und dem Zwangsverwalter zu übergeben. Wird die Kaution nicht vorgefunden, so hat der Vermieter auf Antrag des Zwangsverwalters zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass die Kaution nicht (mehr) vorhanden ist (§ 883 Abs. 2 ZPO). Der Antrag auf Wegnahme und der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung können miteinander verbunden werden.
Erklärt der Vermieter, dass er gegen den Rückzahlungsanspruch aus der Kaution mit Mietforderungen aufgerechnet habe, so stellt sich die Frage, ob der Vermieter weitere Einzelheiten offenbaren muss. Dies wird vom BGH verneint: Hat der Vermieter die eidesstattliche Versicherung abgegeben, kann der Zwangsverwalter nur noch Schadensersatzansprüche (§ 893 ZPO) geltend machen oder strafrechtliche Ermittlungen wegen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung in die Wege leiten.
Hat der Vermieter die Kaution nicht gesondert angelegt, sondern seinem Vermögen einverleibt, so setzt ein Antrag auf Pfändung eines Geldbetrags in Höhe der Kaution einen gesonderten Vollstreckungstitel voraus. Der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung genügt in diesem Fall nicht (BGH, Beschluss v. 14.4.2005, V ZB 6/05 unter Ziff. II 2 a).
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 21.02.2008, I ZB 66/07BGH, Beschluss v. 21.2.2008, I ZB 66/07, NJW 2008, 1598 m. Anm. Hörndler = MietRB 2008, 236