OFD Frankfurt, Verfügung v. 1.12.2014, S 2745 a A - 5 - St 51
Bezug: | BMF-Schreiben vom 19.10.2011, IV C 2 – S 2741/10/10002 (BStBl 2011 I S. 974) |
Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26.8.2010, I B 49/10 (BStBl 2011 II S. 826) |
Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 26.8.2010, I B 49/10 (BStBl 2011 II S. 826) entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob die sog. Mindestgewinnbesteuerung gemäß § 10d Absatz 2 Satz 1 EStG 2002n.F. verfassungsrechtlichen Anforderungen auch dann standhält, wenn eine Verlustverrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen aus rechtlichen Gründen (hier: nach § 8c KStG) endgültig ausgeschlossen ist.
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Frage der Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO, § 69 Absatz 2 FGO) von Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden wie folgt Stellung:
1 | Aussetzung der Vollziehung ist auf Antrag in den in dem Beschluss genannten Fällen zu gewähren, in denen es aufgrund des Zusammenwirkens der Anwendung der Mindestgewinnbesteuerung nach § 10d Absatz 2 Satz 1 und 2 EStG oder § 10a GewStG und eines tatsächlichen oder rechtlichen Grundes, der zum endgültigen Ausschluss einer Verlustnutzungsmöglichkeit führt, zu einem Definitiveffekt kommt. | ||
Im Einzelnen handelt es sich um Fälle | |||
– | des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c KStG in den Fassungen vor dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 (BStBl 2010 I S. 2), | ||
– | der Umwandlung beim übertragenden Rechtsträger (§ 12 Absatz 3 i.V.m. § 4 Absatz 2 Satz 2 UmwStG), | ||
– | der Liquidation einer Körperschaft, | ||
– | der Beendigung der persönlichen Steuerpflicht (Tod einer natürlichen Person) bei fehlender Möglichkeit der „Verlustvererbung”. | ||
Die Aussetzung der Vollziehung ist auf die oben genannten Fallgruppen beschränkt. | |||
Keine Aussetzung der Vollziehung ist dementsprechend insbesondere in den Fällen des § 10a GewStG bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft zu gewähren. | |||
Aussetzung der Vollziehung ist nicht in Missbrauchsfällen (Rz. 19 des BFH-Beschlusses) zu gewähren. Dies gilt insbesondere für den endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung in Fällen des § 8 Absatz 4 KStG 2002a.F. (sog. Mantelkaufregelung). | |||
2 | Kommt es aufgrund eines rechtlichen Grundes (§ 8c KStG – in den Fassungen vor dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz – bzw. § 12 Absatz 3 i.V.m. § 4 Absatz 2 Satz 2 UmwStG) zu einem endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung, ist die Aussetzung der Vollziehung auf Veranlagungszeiträume (VZ) bzw. Erhebungszeiträume (EZ) bis zu dem schädlichen Ereignis beschränkt. | ||
Beispiel 1: | |||
Aufgrund einer Veräußerung von 100 % der Anteile an der X-GmbH zum 1.1.2009 sind nicht genutzte Verluste nach § 8c KStG [i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BStBl 2007 I S. 630)] (bzw. § 10a Satz 10 GewStG) ab dem VZ (bzw. EZ) 2009 endgültig nicht mehr abziehbar. Im Wirtschaftsjahr (Wj. = Kj.) 2009 erzielt die GmbH Gewinne. | |||
Ergebnis: | |||
Eine Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids für den VZ 2009 und des Gewerbesteuermessbetragsbescheids für den EZ 2009 ist nicht zu gewähren. Die Aussetzung der Vollziehung ist auf VZ / EZ bis einschließlich 2008 beschränkt. | |||
3 | Die Aussetzung der Vollziehung ist bei einem quotalen Verlustuntergang nach § 8c Satz 1 KStG [i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BStBl 2007 I S. 630)] bzw. § 8c Absatz 1 Satz 1 KStG [i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung vom 16.7.2009 (BGBl 2009 I, 1959)] (schädlicher Beteiligungserwerb von bis zu 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft) wie folgt zu berechnen: | ||
Beispiel 2: | |||
Veräußert werden zum 1.1.2009 40 % der Anteile an der Y-GmbH; der Tatbestand des § 8c Satz 1 KStG [i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung vom 16.7.2009 (BGBl 2009 I, 1959)] ist erfüllt. Im VZ 2008 wird von dem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 4.000.000 EUR ein Verlustabzug nach § 10d Absatz 2 Satz 1 EStG in Höhe von 2.800.000 EUR (= 1.000.000 EUR + 60 % von 3.000.000 EUR) vorgenommen. Es ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen von 1.200.000 EUR. Der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2008 beträgt | |||
a) 1.000.000 EUR, | |||
b) 1.500.000 EUR, | |||
c) 4.000.000 EUR. | |||
Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 legt die Y-GmbH Einspruch ein und beantragt Aussetzung der Vollziehung. | |||
Ergebnis: | |||
Aussetzung der Vollziehung ist in Höhe von 40 % (= quotaler Verlustuntergang nach § 8c KStG) des aufgrund der Mindestgewinnbesteuerung nicht gewährten Verlustabzugs, max. in Höhe von 40 % des verbleibenden Verlustabzugs, zu gewähren. Danach kann die Steuer auf folgende Beträge von der Vollziehung ausgesetzt werden: | |||
a) 40 % von 1.000.000 EUR = 400.000 EUR, | |||
b) 40 % von 1.200.000 EUR = 480.000 EUR, | |||
c) 40 % von 1.200.000 EUR = 480.000 EUR. | |||
4 | Kommt bei einem unterjährigem Beteiligungserwerb in einem VZ (bzw. EZ) sowohl § 8c Satz 1 KStG [i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung... |
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