Leitsatz
Darf der Vermieter nach den Bestimmungen eines ihn bindenden Fördervertrags von Mietern mit Wohnberechtigungsschein keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau verlangen, ist eine Regelung im Mietvertrag wirksam, nach der der Mieter bei Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins die Verminderung der vereinbarten Miete auf die (niedrigere) Durchschnittsmiete verlangen kann und sich bei einer Erhöhung der Durchschnittsmiete der von ihm zu tragende Anteil an der vereinbarten Miete erhöht.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB §§ 557 Abs. 3 und Abs. 4
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht seit Juli 2007 ein Mietverhältnis über eine in Berlin gelegene Wohnung. Nach § 4 des Mietvertrags beträgt die vereinbarte Grundmiete 399,73 EUR. Außerdem enthält der Mietvertrag die im Leitsatz wiedergegebene Klausel. Aufgrund des dort angesprochenen "Fördervertrags" erhielt der Vermieter einen Zuschuss zur Durchführung einer Wohnungsmodernisierung. Im Gegenzug musste sich der Vermieter gegenüber den Mietern mit einem Wohnberechtigungsschein vertraglich verpflichten, keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau zu verlangen. Diese Miete betrug beim Vertragsschluss 4,13 EUR/qm. Für die Wohnung des Mieters ergab sich hieraus eine höchstzulässige Miete von 383,06 EUR. Die Differenz zur Vertragsmiete (16,67 EUR) erhielt der Vermieter von der Investitionsbank Berlin (IBB). Mit Wirkung vom 1.4.2008 wurde die Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau durch Senatsbeschluss auf 4,40 EUR/qm angehoben. Der Zuschuss der IBB verringerte sich deshalb um 13,52 EUR/qm auf 3,15 EUR/qm. Mit Schreiben vom 16.10.2008 hat der Vermieter den Mieter aufgefordert, rückwirkend ab dem 1.4.2008 eine angepasste Miete zu bezahlen. Der BGH hatte zu entscheiden, ob sich die vom Mieter zu zahlende Miete aufgrund des Schreibens vom 16.10.2008 erhöht hat.
Das Problem folgt aus § 557 Abs. 3 und 4 BGB. Für die Mieterhöhung sind bei der fraglichen Wohnung die Regelungen für den freifinanzierten Wohnraum zu beachten. Nach § 557 Abs. 3 BGB"kann der Vermieter Mieterhöhungen nur nach Maßgabe der §§ 558 bis 560 verlangen"; eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist gem. § 557 Abs. 4 BGB unwirksam. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass diese Vorschriften nicht anzuwenden sind, weil sich die vereinbarte Miete von 399,73 EUR nicht erhöht habe.
Der BGH teilt diese Ansicht. Im Entscheidungsfall habe sich lediglich der öffentliche Zuschuss verringert. Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise spiele es keine Rolle, ob der von der IBB gezahlte Betrag als Mietzuschuss an den Mieter ausbezahlt oder direkt dem Vermieter zur Verfügung gestellt werde. Bei einer Auszahlung an den Mieter sei klar, dass die Reduzierung des Zuschusses nicht als Mieterhöhung zu bewerten sei. Nichts anders gelte, wenn der Zuschuss unmittelbar dem Vermieter zugute komme.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 13.7.2011, VIII ZR 261/10, NJW-RR 2011 S. 1382