Kurzbeschreibung
Muster aus: av.1683 AnwaltFormulare Mandanteninformationen, Sattler, 3. Aufl. 2023 (Deutscher Anwaltverlag)
Muster 11.20: Untersuchungshaft
_________________________ (Adresse)
Sehr geehrte/r Herr/Frau _________________________,
durch den Beschluss des Amtsgerichts _________________________ wurde ich Ihnen als Pflichtverteidiger/-in beigeordnet. Die Beiordnung erfolgte zunächst deswegen, weil gegen Sie ein Haftbefehl erlassen und daher die Untersuchungshaft angeordnet wurde. Somit bin ich Ihr Rechtsbeistand in der vorbezeichneten Angelegenheit und stehe Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
Anbei gebe ich Ihnen eine kurze Information zu der Untersuchungshaft und den rechtlichen Möglichkeiten, wie Sie dagegen vorgehen könnten.
Die Untersuchungshaft wird angeordnet, wenn gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht besteht und ein Haftgrund vorliegt. Des Weiteren muss die Anordnung der Untersuchungshaft verhältnismäßig sein.
Der dringende Tatverdacht liegt vor, wenn aufgrund des aktuellen Ermittlungsstandes eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist.
Des Weiteren muss ein Haftgrund vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO), bei Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO), bei Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO) oder bei Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO). Bei bestimmten schweren Straftaten ist nach § 112 Abs. 3 StPO die Anordnung der Untersuchungshaft auch zulässig, wenn keiner der oben genannten Haftgründe gegeben ist.
Sie haben das Recht, gegen den Haftbefehl eine Haftprüfung (§ 117 StPO) zu beantragen oder eine Haftbeschwerde einzulegen.
Die Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder seines Verteidigers an den Haftrichter durchgeführt. Man kann die mündliche Verhandlung beantragen. Eine solche darf nicht ohne Zustimmung des Beschuldigten über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrages anberaumt werden. Die Verhandlung ist nicht öffentlich. Wenn die Haftprüfung keinen Erfolg hat, ist ein erneuter Antrag auf mündliche Haftprüfung erst wieder nach Ablauf von zwei Monaten nach der Haftprüfungsentscheidung und nach insgesamt mindestens drei Monaten andauernder Untersuchungshaft zulässig.
Um eine solche Sperrwirkung zu vermeiden, kann man auch eine schriftliche Haftprüfung beantragen. In diesem Fall sollten alle Gründe, die für die Freilassung des Beschuldigten sprechen, dem Gericht schriftlich vorgetragen werden.
Gegen den Haftbefehl selbst und auch gegen den auf eine Haftprüfung folgenden Haftfortdauerbeschluss ist die Beschwerde möglich. Die Beschwerde muss nicht begründet werden. Eine Begründung ist jedoch empfehlenswert. Nach Einlegung der Beschwerde muss der Haftrichter sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen ab Eingang des Beschwerdeschreibens bei Gericht, die Akte dem Beschwerdegericht vorlegen (§ 306 Abs. 2 StPO). Die Entscheidung selbst ergeht regelmäßig nach Aktenlage. Eine mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben, allerdings ist ggf. Beweis zu erheben (§ 308 Abs. 2 StPO).
Bei einer negativen Entscheidung des Gerichts über die Haftbeschwerde ist die weitere Beschwerde gem. § 310 Abs. 1 StPO zulässig. Diese ist nicht fristgebunden.
Ob gegen Ihre Inhaftierung vorgegangen werden sollte, und wenn ja, dann mit welchem Rechtsbehelf (Haftbeschwerde oder Haftprüfung), muss sehr gründlich abgewogen werden. Für ein ausführliches Gespräch werde ich Sie daher am _________________________ in der Justizvollzugsanstalt aufsuchen und mit Ihnen alles Weitere besprechen.
Wenn nach sechs Monaten vollzogener Untersuchungshaft die Hauptverhandlung noch nicht begonnen hat, entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen über die Fortdauer der Untersuchungshaft. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar. Gegen die Anordnung der Haftfortdauer ist allerdings die Verfassungsbeschwerde zulässig.
Im Falle der Anordnung der Haftfortdauer muss der Haftrichter nach spätestens weiteren drei Monaten der Inhaftierung die Akten dem Oberlandesgericht vorlegen, damit eine erneute Haftprüfung erfolgen kann.
Mit freundlichen Grüßen
_________________________
(Rechtsanwalt)