Kurzbeschreibung
Muster aus: AnwaltFormulare Arbeitsrecht, Stefan Lunk, 5. Aufl. 2025 (Deutscher Anwaltverlag)
Muster 3.37: Antrag auf Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs
An das Arbeitsgericht _________________________
Antrag auf Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs
In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten
1. X-GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer _________________________ (Vor- und Nachname, Adresse)
– Beteiligte zu 1. –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte _________________________
2. Betriebsrat der X-GmbH, vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden _________________________ (Vor- und Nachname, Adresse)
– Beteiligter zu 2. –
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte _________________________
zeigen wir an, dass wir die Beteiligte zu 1. vertreten. In deren Namen und Auftrag leiten wir ein Beschlussverfahren ein und beantragen:
Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle vom _________________________ zu dem Regelungsgegenstand "Aufstellung von Auswahlrichtlinien bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen" unwirksam ist.
Begründung
1.) Die Beteiligte zu 1. ist ein Unternehmen, das in der Logistikbranche tätig ist. Der Beteiligte zu 2. ist der bei der Beteiligten zu 1. gebildete Betriebsrat.
Durch Beschl. v. _________________________ setzte das Arbeitsgericht _________________________ eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Aufstellung von Auswahlrichtlinien bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen" ein. Die Einigungsstelle tagte am _________________________ sowie am _________________________. In der Sitzung vom _________________________ beschloss die Einigungsstelle eine Betriebsvereinbarung, die wir in Kopie als
Anlage ASt 1
überreichen. Das Protokoll der Einigungsstellensitzung übergeben wir als
Anlage ASt 2.
Beides ging den Bevollmächtigten der Beteiligten zu 1. am _________________________ zu.
2.) Die von der Einigungsstelle beschlossene Betriebsvereinbarung ist unwirksam.
a) Die Einigungsstelle war für den Beschluss der Betriebsvereinbarung nicht zuständig. Die Einigungsstelle wurde gegen den Willen der Beteiligten zu 1. durch arbeitsgerichtlichen Beschluss nach § 100 ArbGG vom _________________________, in Kopie überreicht als
Anlage ASt 3,
errichtet. Die Beteiligte zu 1. hat die Zuständigkeit der Einigungsstelle bereits im damaligen Beschlussverfahren, sodann im daran anschließenden Beschwerdeverfahren wie auch im Einigungsstellenverfahren selber bestritten. In der Sitzung vom _________________________ stimmte die Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit ab. Die Einigungsstelle bejahte mehrheitlich ihre Zuständigkeit, wobei sich jedoch die von der Beteiligten zu 1. benannten Beisitzer gegen die Zuständigkeit aussprachen.
Die Einigungsstelle hat ihre Zuständigkeit verkannt. Nach § 95 Abs. 2 BetrVG besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Auswahlrichtlinien nur in Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt, wie sich aus folgender Aufstellung ergibt: _________________________.
b) Zudem ist der Beschluss der Einigungsstelle unter Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Die Einigungsstelle beschloss die als Anlage ASt 1 überreichte Betriebsvereinbarung in einer Sitzung vom _________________________. An dieser Sitzung nahmen die von der Beteiligten zu 1. benannten Beisitzer nicht teil, da sie zu ihr nicht geladen worden waren. Die Einigungsstelle hat damit gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoßen, so dass die von ihr getroffene Regelung unwirksam ist.
c) Der Einigungsstellenspruch ist jedenfalls unwirksam, weil er gegen höherrangiges Recht verstößt. Die beschlossene Betriebsvereinbarung sieht in § 1 Regelungen zur Auswahl bei betriebsbedingten Kündigungen vor, die nach dem Geschlecht der jeweiligen Mitarbeiter differenzieren. Die Berücksichtigung des Geschlechts widerspricht dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und ist zudem mit der in § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen Begrenzung der Auswahlkriterien auf Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung nicht in Einklang zu bringen.
Zudem hat die Einigungsstelle die inhaltliche Reichweite des Mitbestimmungsrechts verkannt und Regelungen getroffen, für die ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht nicht besteht. Nach § 95 Abs. 2 BetrVG besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur hinsichtlich der Aufstellung von Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen. Die durch den Einigungsstellenspruch beschlossene Betriebsvereinbarung sieht in § 2 jedoch auch einen Anspruch von Auszubildenden auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen vor. Derartige Rechte kann die Einigungsstelle gegen den Willen des Arbeitgebers nicht normieren.
(Unterschrift)
Rechtsanwalt