Kurzbeschreibung
Muster aus: av.1591 Anwaltformulare Verkehrsrecht, Tietgens-Nugel, 8. Aufl. 2020 (Deutscher Anwaltverlag)
Muster 8.79: Einwendungen gegen die Tauglichkeit des Fraunhofer Mietpreisspiegel als Schätzungsgrundlage
Die Befragung des Fraunhofer Instituts stellt unter mehreren Gesichtspunkten keine taugliche Schätzungsgrundlage dar. Dies bereits deshalb nicht, da diese Befragung aufgrund einer Auftragsstellung des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft erfolgt ist und daher mit ihr eine einseitige Zielvorgabe erfolgt.
Grundlage des vom Fraunhofer-Institut im einseitigen Auftrag der Versicherungswirtschaft erstellten Marktpreisspiegels ist eine Erhebung von Daten über Telefon und Internet. Die Datenerfassung hat sich auf Situationen beschränkt, in denen ein Mietwagen per Telefon oder über das Internet gebucht wird. Die dadurch ermittelten Preise beruhen auf Sonderkonditionen, die bei einer normalen Anmietsituation nicht gewährleistet sind (Anschaulich: OLG Köln NZV 2009, 447; LG Frankfurt MRW 2014, 58; LG Dortmund, Urt. v. 5.11.2009 – 4 S 72/09 – juris). Auch der BGH hat in seiner Entscheidung vom 2.2.2010 (VI ZR 7/09, zfs 2010, 561, dort Rn 21) darauf hingewiesen, dass der Gesichtspunkt des auf diese Weise eröffneten Sondermarktes seitens des Tatrichters zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ist für den vorliegenden Fall gar nicht nachgewiesen, dass vor einer Anmietung eine umfassende Recherche über das Internet mit einer anschließenden Buchung möglich gewesen wäre.
Zudem sind die Preise ausschließlich auf der Grundlage einer einwöchigen Vorbuchungsfrist ermittelt worden. Eine solche Frist steht – wie auch im hiesigen Fall – bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Verkehrsunfall nicht zur Verfügung. Da die in der Fraunhofer-Studie ausgewiesenen Werte auf der Grundlage einer einwöchigen Vorlauffrist erfragt worden sind, bestehen vielmehr durchgreifende Bedenken an der die Besonderheiten gerade der hier zu beurteilenden Schadensfälle erfassenden Repräsentativität der in dieser Studie abgebildeten – niedrigeren – Werte und deren Vergleichbarkeit mit den in dem Schwacke-AMS ausgewiesenen Modi bzw. gewichteten Mittel. Dafür, dass die einwöchige Vorlauffrist für Mietwagenbuchungen auf die für die Anmietung eines Mietfahrzeugs geforderten Preise von nicht lediglich unerheblichem Einfluss ist, spricht neben der allgemeinen Lebenserfahrung auch der Umstand, dass vorgelegten Preise für die Anmietung von Pkw bei größeren Mietwagenunternehmen je nach der Vorbuchungsfrist teilweise deutlich variieren (LG Fulda, Urt. v. 29.8.2014 – 1 S 25/14 – juris; OLG Köln, Urt. v. 8.11.2011 – 15 U 54/11, SVR 2011, 454).
Im Ergebnis nichts anderes gilt hinsichtlich der gegenüber der Erhebungsmethode der den Mietwerten des Schwacke-AMS zugrundeliegenden Daten vorgebrachten Einwände. Selbst wenn diese Methode, bei welcher unstreitig der Zweck der Befragung gegenüber den befragten Mietwagenunternehmern offengelegt worden ist, bei einer nicht unbeachtlichen Anzahl der Befragten dazu geführt haben sollte, höhere als die tatsächlich geforderten Mietwagenpreise zu nennen, um so Einfluss auf das als ersatzfähig anzuerkennende Preisniveau zu nehmen, rechtfertigt dies nicht den Rückschluss darauf, dass über das gesamte Bundesgebiet verteilt alle Angeschriebenen gleichermaßen dieser Tendenz in einem Umfang erlegen sind, dass hierdurch das in dem Schwacke-AMS abgebildete Preisgefüge seine Repräsentativität bzw. Aussagekraft die tatsächlichen Marktverhältnisse betreffend eingebüßt hat und deshalb seine Eignung als Schätzungsgrundlage zu verwerfen ist (OLG Köln a.a.O.).
Außerdem ist die Recherche auf eine zweistellige Zuordnung von Postleitzahlen bezogen (LG Zweibrücken, Urt. v. 27.5.2014, MRW 2015, 8). Dem Vorteil, den die Anonymität der Anfragen bieten mag, steht somit das im Verhältnis zur Schwacke-Liste geringere Ausmaß der Datenerfassung gegenüber (OLG Rostock, Urt. v. 23.5.2014 – 5 U 96/12, MRW 2014, 51; OLG Köln NZV 2009, 447).
Und schlussendlich werden bei dem Fraunhofer Mietpreisspiegel keine Nebenkosten berücksichtigt, obwohl die An- und Abholkosten anerkanntermaßen zu erstatten sind (LG Rostock, Urt. v. 31.8.2009 – 1 S 76/09 – juris). Soweit in der Fraunhofer Befragung die Kosten einer Vollkaskoversicherung enthalten sind sehen diese zudem einen erheblichen Selbstbehalt vor, so dass auch hier eine Korrektur geboten ist (LG Dortmund, Urt. v. 5.11.2009 – 4 S 72/09 – juris).